Gestern Abend mochten wir nicht mal mehr etwas essen gehen, so müde waren wir. Wir verpflegten uns mit den Resten aus dem Rucksack. Ich kroch um halb acht bereits in den Schlafsack weil es mich so fror. Heute morgen beschlossen wir: mittelalterliches Städtchen hin oder her, wir ziehen weiter. Es war uns einfach zu Touristisch. Ein Mikrowellenkaffee sorgte für erste Wärme im Magen damit wir packen konnten. Beim Durchqueren des Ortes stiessen wir auf eine offene Bar wo es Frühstück gab. Ja, einen echten Kaffee, Orangensaft und Gipfeli, das gibt Kraft für die nächsten Kilometer. Habt ihr liebe Leser auch schon einmal Gipfeli mit Messer und Gabel gegessen? Wir heute auch zum ersten Mal.
Den Weg aus dem Städtchen hatten wir vorgängig anhand unseres Büchleins und mit Hilfe des Stadtplans eruiert. Das war auch gut so, denn unsere Wegmarkierung fanden wir tatsächlich erst ausserhalb des Ortes.
Der Jakobsweg führte durch Weidegebiet, grüne Matten mit Hecken und Bäumen. Die Häuser sind oft mit noch blühenden Geranien und anderen Pflanzen geschmückt. In den Gärten hat es Hortensien, Bougainvilleen, Palmen, Bananenstauden, Kiwis, Orangen-, Mandarinen- und Zitronenbäume. Es ist ein Genuss das zu betrachten in dem Bewusstsein, dass es bereits fast Mitte November ist.
Zur Mittagszeit hatten wir bereits Cóbreces erreicht, ein kleiner Ort mit Pilgerunterkunft im Kloster. Wir entschieden weiter zu marschieren bis Comillas, dem nächsten Ort mit Herberge. Das Risiko 'geschlossene Herberge' nahmen wir in Kauf, weil der Ort genügend andere Möglichkeiten bot.
Mittagsrast machten wir bei einem alten Waschhaus. Wir hatten unseren Lunch zwischen uns ausgebreitet als aus dem Feldweg unterhalb zwei mittelgrosse Jagdhunde auftauchten. Dahinter der Besitzer mit einer Jagdflinte unterm Arm und noch einem dritten Hund bei Fuss. Die Hunde wedelten mit der Rute, wirkten freundlich und waren hübsch anzusehen. Sie waren schon fast vorbei, als sie unseren Salami rochen. Oh, waren die aber schnell zurück! Da nützten alle Kommandos vom Besitzer nichts mehr. Wir wehrten mit allen Händen und Füssen. Der Besitzer kam mit hochrotem Kopf seine Hunde holen und die spielten 'fang mich doch' um das Lavoir. Das hätte einen lustigen Film gegeben: ein Hund hinter dem Lavoir, der Besitzer innen, der andere Hund seitlich .... dann wurden die Positionen getauscht .... und wieder gerannt ... usw. Dazwischen schaffte es der dritte Hund seine Pfote auf unseren Salami zu klatschen und beinahe hätte er es geschafft mit einem Schlabber die Wurst zu erwischen, aber Heiner erwischte ihn am Halsband und ich zog die Wurstpackung ausser Reichweite. Dann konnte der Besitzer die Hunde fassen und weg ziehen.
Nach der Mittagspause führte der Wanderweg durch Eukalyptuswald. Dazwischen sahen wir mehrere Male in der Ferne das Meer. Endlich wieder Meer, jedoch noch weit entfernt. Wir mussten noch einige Kilometer bergauf, bergab, bergauf und bergab zurücklegen. Das Höhenprofil in unseren Buch sah heute wieder wie der Zackenschliff eines Messers aus. Endlich erreichten wir die Küste bei Comillas. In den Ort mussten wir jedoch nochmal bergauf steigen, zur Tourist Information auf der anderen Seite wieder bergab. Dort wurde uns Mitgeteilt: Alberge geschlossen. Aber viele Pensionen und Posadas im Ort mit günstigen Zimmerpreisen.
Wir haben ein Zimmer gefunden und bleiben zwei Nächte.
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