In der Nacht brausten Sturmwinde um die Herberge und Regen prasselte gegen die Fensterläden.
Heiner stand um sieben schon auf, machte aus Rücksicht auf mich kein Licht und zog sich im Schein der Strassenlampe an. Was wollte er bloss zu dieser Zeit wo es draussen noch dunkel ist? Beeilen müssen wir uns bei einer Strecke von zwölf Kilometer auch nicht. Vielleicht bekomme ich den Kaffee ans Bett geliefert?!
Schliesslich kroch ich auch aus dem Schlafsack und ging hinunter. Alles war ruhig, kein Heiner weit und breit. Ich begann den Frühstückstisch zu decken, da kam mein Angetrauter mit frischen Croissants und Baguettes. Normalerweise vermeidet er Situationen wo er etwas sagen muss, damit auch kein Franzose auf die Idee kommt ihn etwas zu fragen. Deshalb schätze ich diesen morgendlichen Ausflug ins Dorf sehr.
Die heutige Etappe war eine reine Teerwanderung. Meine Füsse, vor allem der rechte Fuss, leiden seit der Etappe nach St. Sever. Ich laufe so viel wie möglich im Grasstreifen auf der Seite. Leider ist es dort meist so schräg, dass es nicht wirklich Erleichterung bringt. Abends muss ich die Füsse gut schmieren und kneten. Noch die morgigen 18 Kilometer überstehen, dann dürfen wir uns erholen. Nach 1280 Kilometer ist wirklich eine grössere Pause nötig.
Heute ging es wieder bergauf und bergab und wieder bergauf. Die Steigungen respektive das Gefälle erforderte die ganze Kraft in den Beinen. Dazwischen gab es Erholphasen in den Talsohlen oder auf den Hochplateaus. Die Höhendifferenzen betrugen nur etwa 100 Meter, aber das in einer so kurzen Distanz, dass auch die Hühner Steigeisen benötigen.
Unterwegs sahen wir von weitem einen weissen, seltsam geformten Turm mit einer grossen Kugel. Beim Näherkommen rätselten wir: ist es ein Wasserturm? In diesem hügeligen Gelände sind Wassertürme jedoch kaum notwendig. Ist es ein Maisspeicher? Aber warum der seitliche Anbau auf sehr hohen Stelzen. Und diese Kugel auf dem Anbau, ist es eine Sternwarte? Noch näher stellten wir fest, dass der Anbau einen Balkon hatte. Jetzt waren wir so neugierig, dass wir sogar unsere Route verliessen um näher zu dem Bauwerk zu gelangen. Schliesslich konnten wir den Schriftzug entziffern: Meteo France. Ahhh .... hier wird das französische Wetter gemacht.
Mittagspause machten wir auf einem Pique-nique Platz an einem kleinen Weiher. Bei warmem Sonnenschein machten wir eine ausgiebige Pause.
Früh am Nachmittag erreichten wir unsere heutige Unterkunft. Ein ganzer Festsaal steht zu unserer alleinigen Verfügung. Auf der einen Seite stehen zwei Klappbetten, auf der anderen Seite ist die Kochnische mit allem was man braucht. Es hat sogar Lebensmittel in einer
Kiste! Die Betreuer hier haben an alles gedacht. Die Dusche haben wir nicht gefunden, Evelyne, die Betreuerin, musste sie zeigen. Wir haben gelacht! Beschreiben kann ich das nicht, aber Fotos zeigen .... wenn wir wieder daheim sind.
Gegen Abend ist ein kleiner Lieferwagen vorgefahren. Die Beschriftung verriet, dass es sich um einen fahrenden Lebensmittelladen handelte. Juppiii! Ich kann unser Nachtessen mit frischem Gemüse anreichern!
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