Donnerstag, 31. Oktober 2013

97. Tag, Donnerstag, 31.10.13

St. Jean-de-Luz.
Uhhh, war das kalt heute morgen als ich Croissants holte. Zum Glück hatte ich meine warme Jacke angezogen. Es hatte noch ganze vier Grad .... brrrr. Morgen ist Mann wieder an der Reihe mit Gipfeli-Service.

Heute versuchten wir es mit nordwärts Küstenwandern. Laut Stadtplan stösst man dabei auf den Botanischen Garten. Da dieses Gebiet recht gross auf der Karte eingezeichnet ist, dachten wir der ist bestimmt sehenswert. Unterwegs kauften wir Sandwiches für unseren Mittagslunch, wir hofften eine sonnige Bank zu finden im Bot. Garten. Strahlend blauer Himmel über uns, das Meer auf unserer linken Seite, marschierten wir den Klippenweg hoch. Beinahe auf der Höhe war der Wanderweg wegen Instabilität gesperrt. Fussgänger - Umleitung.
Wir fanden den Weg zum Bot. Garten trotzdem und standen bald vor verschlossenem Tor! Es ist unglaublich: ein Botanischer Garten von dieser Grösse hat Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag geöffnet. Ich konnte es kaum fassen. Die Öffnungszeiten in diesem Land werden wohl jeweils gewürfelt.

Wir setzten uns trotzdem auf eine sonnige Bank mit Meersicht und genossen unsere Sandwiches.
Nachmittags machten wir einen Einkaufsbummel und am Abend verpackten wir das gekaufte Posttauglich.
Am Samstag sind unsere Ferien vorbei und wir müssen alles wieder in die Rucksäcke verstauen.
Wir haben uns entschlossen den Bus nach Bilbao zu nehmen und dort auf den spanischen Küstenweg zu starten. Es sind ab dort immer noch 700 Kilometer bis Santiago und ihr liebe Leser wisst, dass wir kein Rennen veranstalten.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

96. Tag, Mittwoch, 30.10.13

St. Jean-de-Luz.
Bis heute morgen hatte der Wind den Himmel beinahe blank geputzt. Nach vier Tagen mit grösseren und kleineren Spaziergängen war heute wieder eine richtige Wanderung nötig. Unsere Beinmuskeln sollen ja nicht 'rosten'. Wir hatten vorne an unserer Gasse den Wegweiser mit der Muschel gesehen, heute wollten wir sehen wohin das führt. Wir marschierten um viertel nach neun los. Das Muschelzeichen war mit
'chemin de la coste' bezeichnet führte uns jedoch von der Küste weg, bergauf und ins Hinterland. Wir hatten das Gefühl wir entfernen uns immer weiter von der Küste und das wollten wir doch gar nicht. Unsere Situationskarte reichte schon lange nicht mehr. Wo, um Himmels willen, führt dieser Weg hin? Nach etwa drei Stunden Marschzeit fanden wir den Hinweis: er führt auch nach Hendaye und zur spanischen Grenze, bloss nicht direkt an der Küste lang. Der Weg am Meer heisst chemin littoral. Wir stiessen auf einen ausgeschilderten Rundwanderweg und nach ausgiebigem Studium der Informations Tafel sahen wir auch eine Möglichkeit auf den Weg an der Küste zu gelangen. Der Rundwanderweg führte durch schönes aber auch 'gefährliches' Gebiet. Die Palombiere waren am schiessen! Die Tauben die hier im Süden geschossen werden sind etwas grösser als die uns bekannten Tauben und seien eine echte Landplage. Wir haben uns extra laut unterhalten damit die Jäger uns nicht für Tauben halten!

Nach einem sehr steilen Abstieg und einem noch steileren Aufstieg auf der anderen Seite sahen wir endlich wieder das Meer. Unser Weg führte vorerst noch weiter über die Hochebene und bot uns einige Bilderbuch Anblicke. Saftiggrüne Wiesen mit langhaarigen Schafherden oder rassigen Pferden, die südliche Vegetation und dahinter das tiefblaue Meer mit Schiffen am Horizont. Ahhhh, Ferien!
Wir fanden den Zugang zum chemin littoral und marschierten mit wärmenden Sonnenstrahlen auf dem Rücken und dem Rauschen der Wellen in den Ohren heimwärts. Es war eine siebenstündige Wanderung. Genug um nicht zu faul zu werden!

Dienstag, 29. Oktober 2013

95. Tag, Dienstag, 29.10.13

St. Jean-de-Luz.
Ein regnerischer Tag. Zwischendurch für einige Minuten ein paar Sonnenstrahlen, danach wieder heftige Schauer. Am Morgen waren wir auf der anderen Seite des Hafens am Dienstagsmarkt. Frischfisch kauft man auf dem Markt. Das grosse Angebot machte die Entscheidung schwierig. Nach drei Runden durch die Fischabteilung kaufte ich eine Sorte die mir bei der Zubereitung voraussichtlich keine Schwierigkeiten bereitet.
Die wiederkehrenden Regengüsse verdarben uns den Marktspass, so kehrten wir bald nach Hause zurück.
Am Nachmittag gingen wir nochmal auf einen kurzen Spaziergang, aber .... siehe oben. Zeit zum schreiben, lesen, telefonieren. Wir freuen uns auf morgen, es soll wieder sonnig werden.

Montag, 28. Oktober 2013

94. Tag, Montag, 28. 10.13

St. Jean-de-Luz
Heute morgen kam eine SMS von Manuela. Sie wollte mit uns in ein Sportgeschäft fahren, damit wir unsere Ausrüstung ergänzen und ausgeleierte Teile ersetzen konnten. Auch in Frankreich sind solche Einkaufszentren ausserhalb und man braucht einen fahrbaren Untersatz um dorthin zu gelangen. Die Geschäfte haben genügend Fläche um ein grosses Angebot übersichtlich zu präsentieren.
Alles wonach wir in den letzten Wochen Ausschau gehalten haben fanden wir hier. Nun sind wir gerüstet für den spanischen Teil des Jakobswegs.

Nachts rüttelte der Wind an den Fensterläden und auch tagsüber war es windig. Manuela fuhr mit uns an einen Küstenabschnitt wo man die Wellen gut sah. Es sei im Radio gesagt worden, dass es heute besonders spektakulär sei. Dies gäbe es nur zwei oder drei mal pro Jahr. Entsprechend viele Autos und Zuschauer hatte es schon dort. Wir sahen auch zur Mauer von Fort Socoa. Dort wo wir gestern noch spaziert waren, wären wir heute von den Wellen weggefegt worden! Mit unvorstellbarer Wucht donnerte das Wasser gegen die Felsen und hoch spritzte die Gischt. Das Ganze war sehr imposant.

Wieder zurück in der Wohnung sammelten wir alle momentan nicht benötigten Kleidungsstücke in eine grosse Einkaufstasche. Nun war waschen angesagt. Es gibt bloss um die Ecke einen Waschsalon. Für verwöhnte Schweizer die zu Hause eine eigene Waschmaschine haben eine neue Erfahrung! Dazu die Anleitung auf französisch lesen und verstehen ....
Zum Glück war eine sehr hilfsbereite Französin auch am waschen, sie zeigte mir sofort wie das funktioniert. Auf der Anzeige stand, dass unsere Wäsche 50 Minuten braucht. Genügend Zeit um noch zum Metzger zu gehen und nebenan gemütlich einen Pastis zu trinken. Unsere Wäsche ist ohne dass ich mich anstrengen musste sauber geworden.

Sonntag, 27. Oktober 2013

92./93. Tag, Samstag / Sonntag, 26. / 27.10.13

Samstag:
Wir genossen es ohne Rucksack zu spazieren. Barfuss am Strand entlang die Füsse von den Wellen umspühlt. Das tat so gut, dass wir es bestimmt wiederholen. Wir sind auch durch die Einkaufsstrasse von St. Jean-de-Luz flaniert, haben in die Schaufenster der Läden geguckt, haben die Tafeln vor den Restaurants gelesen und festgestellt: hier herrschen Preise wie in der Schweiz. Dieser Ort ist sehr auf Touristen eingestellt. So müssen wir es machen wie die Einheimischen: Gemüse und Früchte auf dem Wochenmarkt kaufen, Brot und Fleisch in den Läden in der Gasse.
Am Abend sind wir mit Manuela und Stephan essen gegangen. Manu hat ein Postpaket gebracht, das uns von unseren Lieben daheim hierher geschickt wurde. Das Paket öffnen verschob ich auf später, zuerst wollten wir essen. Wir entschieden uns für ein Restaurant mit Fischspezialitäten. Stephan ist hier aufgewachsen und kennt sich bestens aus. So ist es leicht ein gutes Lokal zu finden. Heiner und ich haben zum ersten Mal Tintenfisch gegessen .... und bestimmt nicht zum letzten Mal.
Zurück in der Wohnung haben wir uns daran gemacht das gut verklebte Paket zu öffnen. Unmissverständlich war angeschrieben wo oben ist. Vorsichtig öffneten wir die Verpackung und sahen sogleich weshalb das so fragile war: 'Beggeschmütz'! Ach wie ich diese schaumigen, süssen Dinger liebe! Für nicht Kenner: 'Beggeschmütz' sind handgefertigte Mohrenköpfe / Schaumküsse oder wie sie auch immer heissen. In Basel gibt es diese Spezialität zur Herbstmessezeit. Unter den Beggeschmütz kamen noch andere Leckereien zum Vorschein: Marzipankastanien, Torinostängel, Raclettekäse, Landjäger und ein Beutel Rösti! Zwei Zeichnungen / Scherenschnitte von unserem Enkel und als Krönung des Ganzen: eine Wanderrucksacktaugliche Röstiraffel! Jetzt kann gar nichts mehr schief gehen.

Sonntag:
In der ersten Nachthälfte war es lärmig draussen. Samstagnacht wird gefeiert und die Temperaturen sind so, dass man noch draussen sitzen kann.
Die Zeitumstellung gab uns eine Nachtstunde zurück. Wir Frühstückten gemütlich, danach wollten wir den Wochenmarkt suchen. Manu hatte uns gesagt, dass dort vor allem Regionale Produkte, Früchte und Gemüse verkauft werden. Wir verliessen das Haus, gingen zwanzig Meter geradeaus, nach rechts um die nächste Hausecke und waren schon am Markt. Diese Fülle von Gemüse! Es gibt also doch Gemüse in Frankreich.

Am Mittag hörten wir plötzlich Musik, Töne beinahe wie vom Basler Piccolo! Neugierig blieben wir stehen. Eine kleine Baskische Musikgruppe machte sich auf der Strasse bereit. Es mutete uns seltsam an, weil etliche der Musikanten mit der einen Hand eine kleine Trommel schlugen und mit der anderen Hand die Flöte spielten. Die Flöte wird wie eine Blockflöte gehalten, hat aber ein kleines, metallenes Mundstück. Der kleine Finger wird durch einen Metallring geschoben, die anderen Finger öffnen oder schliessen die Löcher je nach gewünschtem Ton.

Wir hatten schon vor diesen Ferien beschlossen, dass wir nicht nur untätig herumsitzen. Allzuschnell bilden sich die Muskeln die nicht gebraucht werden zurück. Also: marschieren! Komischerweise bekommen wir vom laufen ohne Gepäck Rückenschmerzen. Was ist da verkehrt?
Wir marschierten heute in die andere Richtung, d.h. gegen die spanische Grenze. Der Küste entlang mit Blick auf den rauschenden, an den Klippen tosenden Atlantik. Die Sonne schien grell, man konnte noch gut in kurzen Hosen, Shirt und Sandalen spazieren. Immer wieder sahen wir Jogger oder Rennvelofahrer. Hier muss irgendwo eine Sportveranstaltung sein, sagte Heiner. Bald kam ein Polizeifahrzeug und wies den Gegenverkehr auf die Seite. Überall stand Verkehrsdienst. Dann kam ein blinkendes Vorausfahrzeug und dahinter die ersten vier Läufer, danach eine Dreiergruppe, ein einzelner Läufer, eine Sechsergruppe und mit kleinem Abstand ein riesiges Läuferfeld. Etliche liefen mit Camelbag, d.h. mit Flüssigkeitsbeutel auf dem Rücken oder mit Trinkflasche im Gurt. Folgedessen war dies ein Rennen über eine längere Distanz. Vielleicht ein Halbmarathon oder gar ein Marathon.

Unsere 'Laufdistanz' heute hatte nicht ganz so viele Kilometer, dauerte aber immerhin vier Stunden inkl. eine Stunde Barfuss laufen im Sand. Wir hatten unsere Bewegung im Freien! Als Belohnung gab es danach 'Beggeschmütz'.

Freitag, 25. Oktober 2013

91. Tag, Freitag, 25.10.13

Zugfahrt: Orthez - St. Jean-de-Luz.
Wir haben alle vier nicht so gut geschlafen. Die Mücken haben uns fast gefressen. Sogar an der Handinnenfläche hat mich eine gestochen. Im Zimmer war es trotz offenem Fenster zu warm. Um Mitternacht blähten Windböen den Vorhang auf und draussen hörte ich den Regen prasseln. Michel, der Hospitaliero, hatte informiert, dass es auf der nächsten Etappe zwei schwierige Passagen gäbe. Vor allem wenn es geregnet hat. David und Henri waren nicht so erfreut.
David stand stand um viertel vor sieben auf. Im Schein der Stirnlampe packte er und versuchte dabei so leise wie möglich zu sein. Henri rumorte in der Küche, es tönte und roch nach frischem Kaffee. Um viertel nach sieben standen wir auch auf. In der Küche bot sich uns ein lustiges Bild: David ass eine Rosinenschnecke nach englischer Art mit Messer und Gabel, Henri hatte einen grossen Teller mit Teigwaren, Tomatensauce und Käse vor sich! So eine Statur braucht Nachschub ....!
David war um viertel vor acht startbereit und reckte immer wieder den Hals um zu sehen wie weit Henri mit den Vorbereitungen war. Derweil liess sich der Bretone Henri Zeit mit packen, oh, es ist ja immer noch noch dunkel, sagte er. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein, trotzdem marschieren sie gemeinsam. Im Anbetracht der Medikamente die beide schlucken ist das wohl eine kluge Entscheidung.

Wir verliessen um halb neun die Herberge. Langsam marschierten wir zum Bahnhof. Um 13.14 Uhr gab es einen direkten Intercity, den wollten wir. Der Schalter war noch nicht offen und Gepäckschliessfächer gab es auch nicht. Unsere Rucksäcke waren ohne Lebensmittel und Wasser leicht wie nie bisher. So machten wir einen ausgiebigen Stadtbummel mit unseren Schneckenhäusern auf dem Rücken. Wir wurden mehrfach angesprochen und es ergaben sich kurze Gespräche. Kurz vor 12 Uhr lösten wir unsere Tickets, wir wollten nicht plötzlich vor verschlossenem Schalter stehen, falls sie Siesta machen. Danach setzten wir uns auf eine Bank und verzehrten unsere Sandwiches.

Der Zug war eine modernere Komposition mit sehr bequemen Sitzen. Die Landschaft flog so schnell an uns vorüber. In eineinhalb Stunden waren wir in St. Jean-de-Luz. Zu Fuss hätten wir sicher mehr als eine Woche gebraucht.
Am Bahnhof wurden wir von Stephan, dem Partner meiner Schulkollegin Manuela, abgeholt. Er brachte uns zur Ferienwohnung, die die Beiden für uns organisiert hatten. Zeigte uns wo wir einkaufen können und wo der Waschsalon ist. Manuela muss bis acht Uhr arbeiten, wir treffen uns morgen.

Wir sind im Stadtteil Ciboure untergebracht. Einige Meter vom Hafen entfernt in einem alten Riegelhaus. Die Durchgangsstrasse mit viel Verkehr verläuft direkt am Hafen, so sind wir froh, dass wir in einer ruhigen Hintergasse untergebracht sind.

Donnerstag, 24. Oktober 2013

90. Tag, Donnerstag, 24.10.13

Beyries - Orthez, 18 km
Wir haben herrlich geschlafen im Festsaal der Gemeinde. Am Morgen wurde uns ein sensationell schöner Sonnenaufgang beschert. Wir genossen das Schauspiel und vergassen ganz, dass wir noch einige Kilometer zu marschieren hatten. Deshalb war erst nach neun Uhr Aufbruch. Den kleinen Ort mit nur etwa 80 Einwohner hat man schnell durchquert. Bald darauf überquert man die Departementsgrenze zwischen Les Landes und Pyrėnėes-Atlantiques. Man betritt das Gebiet der ehemaligen Vizegrafschaft Bėarn. Die Bewohner gelten als konservativ und verschlossen.
Verschlossen waren heute Vormittag vorerst auch die Bäckereien und Bars. Schliesslich konnten wir doch noch einen Kaffeehalt machen und später sogar Bananen und Fruchtsaft kaufen.
Heute führte unser Weg erstmals durch Eukalyptuswald. Wir rätselten erst was das für Bäume sein könnten. Die Blätter waren etwas anders geformt als uns bekannt. Es wird auch hier verschiedene Arten geben. Der Duft war nicht sehr stark, erreichte uns schliesslich doch. Zum ganz sicher sein pflückten wir ein Blatt und zerrieben es zwischen den Fingern.
Die hügelige Landschaft bescherte uns einige Schweisstropfen aber auch wunderbare Ausblicke, Fotohalt inklusive. Während der Mittagsrast war die Silhuette der Pyrenäen in so einem speziellen Licht, dass ich versuchte dies aufzunehmen.
Nachmittags mussten wir die zweite Hälfte der Strecke bewältigen. Seltsamerweise kam sie uns viel kürzer vor und wir brauchten auch nicht so viel Zeit wie gerechnet. Meist ist es umgekehrt, am Nachmittag kommen wir nicht vom Fleck.
In Orthez mussten wir uns beim Tourist Office melden. Da hiess es, es seien schon zwei Pilger in der Refuge, es sei offen. Da waren tatsächlich schon zwei Pilger da: David, ein 77 jähriger Engländer (jeah! ich kann mein english wieder anwenden) und .... Henri, unser ehemaliger Hospitaliero von Mont-de-Marsan.
Heiner und ich gingen ins Restaurant zum Nachtessen. Die beiden anderen sind früh ins Bett. Sie haben eine 30 km Etappe gemacht weil sie nicht wussten, dass in Beyries eine Refuge ist.
Morgen Nachmittag fahren wir mit dem Zug ans Meer. Eine Woche ausspannen! Ferien!!!

Liebe Freunde/innen, liebe Leser/innen, vielen Dank für eure Kommentare, Bemerkungen, Aufmunterungen, Grüsse. Wir freuen uns jeweils sehr über eure Lebenszeichen und wenn es auch nur ein kurzer Gruss ist. Sogar über jene ohne Unterschrift, wo wir nicht wissen von wem der Eintrag stammt freuen wir uns. Es zeigt uns: der Blog wird gelesen und unsere Reise verfolgt. Bitte entschuldigt, wenn wir nicht darauf antworten können, das geht über mein kleines Gerät nicht.
Eure Kommentare bekomme ich per Mail, die erreichen uns also 'immer'. Liebe Grüsse von uns zwei Wandervögel.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

89. Tag, Mittwoch, 23. 10.13

Hagetmau - Beyries, 12 km
In der Nacht brausten Sturmwinde um die Herberge und Regen prasselte gegen die Fensterläden.
Heiner stand um sieben schon auf, machte aus Rücksicht auf mich kein Licht und zog sich im Schein der Strassenlampe an. Was wollte er bloss zu dieser Zeit wo es draussen noch dunkel ist? Beeilen müssen wir uns bei einer Strecke von zwölf Kilometer auch nicht. Vielleicht bekomme ich den Kaffee ans Bett geliefert?!
Schliesslich kroch ich auch aus dem Schlafsack und ging hinunter. Alles war ruhig, kein Heiner weit und breit. Ich begann den Frühstückstisch zu decken, da kam mein Angetrauter mit frischen Croissants und Baguettes. Normalerweise vermeidet er Situationen wo er etwas sagen muss, damit auch kein Franzose auf die Idee kommt ihn etwas zu fragen. Deshalb schätze ich diesen morgendlichen Ausflug ins Dorf sehr.


Die heutige Etappe war eine reine Teerwanderung. Meine Füsse, vor allem der rechte Fuss, leiden seit der Etappe nach St. Sever. Ich laufe so viel wie möglich im Grasstreifen auf der Seite. Leider ist es dort meist so schräg, dass es nicht wirklich Erleichterung bringt. Abends muss ich die Füsse gut schmieren und kneten. Noch die morgigen 18 Kilometer überstehen, dann dürfen wir uns erholen. Nach 1280 Kilometer ist wirklich eine grössere Pause nötig.

Heute ging es wieder bergauf und bergab und wieder bergauf. Die Steigungen respektive das Gefälle erforderte die ganze Kraft in den Beinen. Dazwischen gab es Erholphasen in den Talsohlen oder auf den Hochplateaus. Die Höhendifferenzen betrugen nur etwa 100 Meter, aber das in einer so kurzen Distanz, dass auch die Hühner Steigeisen benötigen.
Unterwegs sahen wir von weitem einen weissen, seltsam geformten Turm mit einer grossen Kugel. Beim Näherkommen rätselten wir: ist es ein Wasserturm? In diesem hügeligen Gelände sind Wassertürme jedoch kaum notwendig. Ist es ein Maisspeicher? Aber warum der seitliche Anbau auf sehr hohen Stelzen. Und diese Kugel auf dem Anbau, ist es eine Sternwarte? Noch näher stellten wir fest, dass der Anbau einen Balkon hatte. Jetzt waren wir so neugierig, dass wir sogar unsere Route verliessen um näher zu dem Bauwerk zu gelangen. Schliesslich konnten wir den Schriftzug entziffern: Meteo France. Ahhh .... hier wird das französische Wetter gemacht.

Mittagspause machten wir auf einem Pique-nique Platz an einem kleinen Weiher. Bei warmem Sonnenschein machten wir eine ausgiebige Pause.
Früh am Nachmittag erreichten wir unsere heutige Unterkunft. Ein ganzer Festsaal steht zu unserer alleinigen Verfügung. Auf der einen Seite stehen zwei Klappbetten, auf der anderen Seite ist die Kochnische mit allem was man braucht. Es hat sogar Lebensmittel in einer
Kiste! Die Betreuer hier haben an alles gedacht. Die Dusche haben wir nicht gefunden, Evelyne, die Betreuerin, musste sie zeigen. Wir haben gelacht! Beschreiben kann ich das nicht, aber Fotos zeigen .... wenn wir wieder daheim sind.
Gegen Abend ist ein kleiner Lieferwagen vorgefahren. Die Beschriftung verriet, dass es sich um einen fahrenden Lebensmittelladen handelte. Juppiii! Ich kann unser Nachtessen mit frischem Gemüse anreichern!

Dienstag, 22. Oktober 2013

88. Tag, Dienstag, 22.10.13

St. Sever - Hagetmau, 17 km
Nach der üppigen Holzofenpizza gestern Abend, war absolut kein Platz mehr im Magen für das Dessert. Es brauchte einen Spaziergang um einigermassen normale Verhältnisse zu schaffen. Bei dieser Gelegenheit konnten wir die kleinen 'Muschellämpchen' die im Gehsteig eingelassen waren fotografieren. Diese beleuchteten Wegweiser sind eine Besonderheit der Stadt St. Sever. Zurück in der Refuge entschieden wir: das Dessert stellen wir in den Kühlschrank.
Heute morgen gab es Kaffee und 'Babas au Rhum' zum Frühstück.
Vor dem Ausmarsch aus dem Ort kauften wir uns Sandwiches und Rosinenschnecken für unterwegs. Bald stellten wir fest, dass sich die Landschaft wieder verändert hat. Keine Kiefernwälder in topfebenem Sumpfgebiet mehr. Keine weichen Sandpisten mehr. Steinige Feldwege zwischen grossen Maisfeldern. Hügel auf und Hügel ab! Oh, war das anstrengend. Unsere Beine sind das nicht mehr gewohnt!
Der Himmel zeigte sich in einem grauen, wolkigen Kleid. Dazu wehte stellenweise ein sehr warmer Wind. Die fernen Berge schienen etwas nähergerückt. Im laufe des Vormittags hatten wir das Gefühl: es will gar nicht richtig Tag werden heute. Die Wolken verdichteten sich gegen den Mittag, es sah nach Regen aus. Wir verweilten nicht lange am Pique-nique Platz. Die restlichen Kilometer wollten wir schnell hinter uns bringen falls der Himmel die Schleusen öffnet. Kurz vor vierzehn Uhr erreichten wir Hagetmau. Das Tourist Office öffnet erst um 14.30 Uhr, so genehmigten wir uns in der Bar nebenan einen Kaffee. Inzwischen regnete es und wir waren froh das Ziel erreicht zu haben bevor alles nass wurde.
Die Dame vom Office erklärte uns, dass wir den Code für die Refuge beim Sportzentrum holen müssen und die Übernachtung auch dort bezahlen müssen. Wir können die Rucksäcke bei ihr deponieren, da wir wieder hier vorbei müssen. Falls wir selber kochen wollen, empfiehlt es sich gleich Lebensmittel zu kaufen, sonst müsse man nochmal ins Zentrum laufen. Auch für morgen sollen wir hier einkaufen. Am nächsten Übernachtungsort gebe es eine Küche, aber keine Einkaufsmöglichkeit.
Wir befolgten die Anweisung und den Rat der Dame. Guter Rat mit dem Einkaufen, zur Refuge waren es schon noch einige Meter.
Heute benutzten wir die Waschmaschine. Die Hosenbeine waren bis über die Kniehöhe gelb und grau gepunktet und fleckig. Die feuchten, blühenden Gräser auf den Wiesenwegen haben Spuren hinterlassen.

Montag, 21. Oktober 2013

87. Tag, Montag, 21.10.13

Mont-de-Marsan - Saint-Sever, 21 km
Letzte Nacht war einiges ruhiger als die Nacht davor. In der Samstagsnacht wurde wohl überall gefeiert und die Stadt kam nicht zur Ruhe. Am Sonntag mussten sich wohl alle erholen. Nachts öffnete ich das Fenster, schloss es aber sogleich wieder. Irgend ein Bewohner dieser Stadt verbrannte seinen Abfall, der entsprechende Rauch zog bei uns zum Fenster herein. Drei Stunden später probierte ich es noch einmal: phhuu .... schnell wieder schliessen.

Henri, unser Hospitaliero, hatte um acht unser Frühstück bereit. Freundlicherweise warf er uns nicht gleich hinaus. Normalerweise müsste man diese Herberge um acht verlassen. Zu dieser Jahreszeit ist es um acht noch nicht ganz hell und da die Markierungen nicht so gross sind, müsste man einen Suchscheinwerfer benützen.

Wie gewohnt dauerte es einige Zeit bis wir endgültig aus dem bewohnten Gebiet hinaus waren. Ein weicher, sandiger Weg führte uns durch Waldgebiet. Bei einem Wegstück zwischen Farn und Gräser sahen wir weit weg im fernen Dunst die Schemen der Pyrenäen. Es wären noch etwas über 100 Kilometer. Wir haben uns jedoch andere Ziele gesetzt.
Nachmittags um viertel nach drei hatten wir die 21 Kilometer geschafft. Unser erstes angepeiltes Ziel in diesem 4460 Seelen Dorf war das Tourist Office. Den Schlüssel für die Herberge gibt es da. Ich musste nicht mal mühsam meinen Vers aufsagen, die Dame wusste sofort was wir wollten. Ich musste uns im Buch einschreiben, dann bekamen wir den Stempel, Heiner bezahlte die acht Euro pro Person und dann bekamen wir den Zahlencode für die Herberge. Danach genehmigten wir uns ein Panachė. Bei sonnigen 25 Grad tut das guuuuut. Dies ist wohl die einzige Bar die offen hat.
Heute Montag ist alles geschlossen. Viele Bäckereien, Lebensmittelläden, Restaurants und Bars haben am Sonntag bis nachmittags, einige bis abends offen. Dann haben sie ihr Wochenende bis am Dienstagmorgen.
Hier in Saint-Sever hat es eine sehr schöne, saubere und gut eingerichtete Herberge. Frau wollte wieder einmal kochen, aber ...... : siehe oben! Schliesslich fanden wir einen Tabakladen der auch noch Baquettes, Getränke und Süssigkeiten verkaufte. In unserem verzweifelten Hungerast kauften wir ein Brot, zwei Marsriegel und eine Büchse Bier! Hintergedanke war: Brot und Dauerwurst (solche habe ich noch im Rucksack) stillen den Hunger, Bier nährt und ersetzt die rausgeschwitzten Mineralsalze und die süssen Mars runden das ganze ab!

Beim Retourweg wollte Heiner das historische Gebäude in dem sich unsere Refuge befand umrunden. Da es sich um ein ehemaliges Jakobinerkloster handelt sind das einige Schritte. Auf der hinteren Seite stiessen wir auf die Hauptstrasse und siehe da: auf der anderen Strassenseite befand sich eine offene Bäckerei. Wir steuerten geradewegs darauf zu, da entdeckten wir die fahrende Pizzabäckerei! Der Abend ist gerettet und meine Moral auch!

Sonntag, 20. Oktober 2013

86. Tag, Sonntag, 20.10.13

Ruhetag in Mont-de-Marsan.
Mitten in dieser Stadt vereinigen sich die Flüsse Douze und Midou. Ab dieser Stelle heisst er Midouze. Es hat sogar eine Fussgängerzone aber absolut Autofrei ist es auch da nicht. Beim flanieren, Häuser, Schaufenster und Kunstwerke betrachten muss man immer noch schauen wo man hintritt. Da liegen die grössten Hundehaufen mitten auf dem Gehsteig. Sch..... Heiner hat nicht aufgepasst!
Mittags setzten wir uns ans Ufer des Midouze und verspeisten ein leckeres Sandwich mit Tomaten, Ei und Schinken. Den Nachmittag verbrachten wir in der Refuge. Frau wusch die restlichen Kleider, jene von der gestrigen Wäsche waren inzwischen trocken. Mann schrieb den Entwurf für den Zwischenbericht unserer Wanderung. Die Sonne schien in den Hinterhof, dazu wehte ein leichter Wind. Im Nu war unsere Wäsche trocken.
Gegen Abend drehten wir nochmal eine Runde durch die Stadt, besuchten die Kirche St. Marie Madeleine und spazierten durch den schönen und grosszügig angelegten Park Jean Rameau.

Samstag, 19. Oktober 2013

85. Tag, Samstag, 19.10.13

Gaillėres - Mont-de-Marsan, 15 km
Wir hatten gut gegessen, geschlafen, gefrühstückt.
Um viertel nach neun machten wir uns auf den Weg. Schon bald mussten wir das langärmlige Shirt ausziehen und um ca. elf Uhr auch die Hosenbeine abnehmen.
In Bougue stellten wir fest weshalb es mit dem Anmelden in der Refuge nicht geklappt hat. In unserem Buch fehlte die Information dass man in der Bar anmelden kann/soll und auch dort den Schlüssel bekommt. Die Telefonnummer die wir hatten war die Faxnummer der Gemeinde. Das Gemeindebüro ist nur an wenigen Stunden pro Woche besetzt. Da die Dame auf der Gemeinde in Roquefort das nicht wusste (oder so) mussten wir halt einen Hotelaufenthalt einlegen.
Mit der telefonischen Anmeldung in Mont-de-Marsan klappte es auch nicht, da auch diese Telefonnummer in unserem Buch nicht stimmt.
Da die Refuge und auch der Ort gross genug ist, waren wir zuversichtlich ein freies Bett zu finden.
Vorerst galt es noch etliche Kilometer, bei für uns sommerlichen 27 Grad, zurückzulegen. Nach der Ortschaft Bougue stieg die Strasse bergan. Frisch gestärkt mit Kaffee und Croissants schafften wir das beinahe im Laufschritt. Oben angekommen durften wir auf das bereits bekannte Bahntrasse abbiegen. Hier ist es als Fahrradstrasse ausgebaut. Heute war unser Schritt beschwingter. Ist es die Aussicht auf einen Ruhetag, oder weil wir sehr gut in einem sauberen Bett und Zimmer geschlafen hatten oder gar die Vorfreude auf die wanderfreie Woche in St. Jean-de-Luz?

Am frühen Nachmittag erreichten wir den Ort der 29500 Einwohner hat. Mont-de-Marsan ist die Hauptstadt des Departements Les Landes. Normalerweise geht der markierte Weg an der Refuge vorbei. Wenn man jedoch eine Markierung falsch interpretiert steht man plötzlich mitten in der Stadt und weiss nicht mehr wo es lang geht. Beim suchen gerieten wir an einen Orange Shop .... ohhh ... sofort Telefonkarte nachladen. Während dem ich im Geschäft das Nachladen unserer MobiCarde organisierte, orientierte sich Heiner im Stadtplan. Nach diesem Zwischenhalt fanden wir bald die Pilgerherberge und standen vor verschlossener Tür. Eine Tafel verriet, dass es sich um ein historisches Gebäude handelt. Aber keine Telefonnummer, keine Öffnungszeiten, keine Angabe wo man den Schlüssel bekommt. Da geht man im Zweifelsfall zum Tourist Office. Der netten Dame erklärte ich, dass wir ein Zimmer für zwei Nächte bräuchten und bitte nicht zu teuer. 'Oh, wir haben hier eine Pilgerherberge, wollt ihr nicht die?' Natürlich wollten wir die, nur sei sie geschlossen. Den Schlüssel gebe es im AsiaShop bei der Refuge um die Ecke. Wir marschierten zurück, dann um die Ecke zu Asien Market. Der Junge an der Kasse juckte hoch: clef pour Refuge? Wir mussten unseren Wunsch nicht mal aussprechen schon hatten wir den Schlüssel in der Hand. Auf dem Weg zurück zur Refuge stellten wir fest: wenn wir von Anfang an von der richtigen Seite her gekommen wären, hätten wir auch die richtige Eingangstür erwischt. Auf klopfen an der richtigen Tür hätte der Hospitaliero auch reagiert und geöffnet.

Freitag, 18. Oktober 2013

84. Tag, Freitag, 18.10.13

Roquefort - Gaillėres, 13 km
Roquefort hat 1900 Einwohner und liegt 100 m.ü.M.
Der brühmte Roquefortkäse kommt nicht von diesem Ort, er stammt aus Roquefort-sur-Soulzon!
Heute morgen habe ich ins Livre d'Or geschrieben: vielen Dank für diese Übernachtungsmöglichkeit. Wenn es Putzmittel und Putzlappen hätte, hätten wir geputzt. So haben wir nur die Bettwäsche abgenommen und den Boden gewischt.
Dann schlossen wir die Tür und brachten den Schlüssel zurück. Kaffee und Croissants bestellten wir in der Bar. Das ist zwar einiges teurer, aber die Pfanne und das Geschirr in der Refuge waren nicht sehr einladend.

Durch Vororte und über Landstrassen verliessen wir den Etappenort. Nach etwa 45 Minuten erreichten wir die vielbefahrene D 932. Auf einer solchen Strasse zu gehen ist immer eine Herausforderung für den Pilger. Keiner liebt das und doch ist man gezwungen der Markierung zu folgen. Wenn nur aus einer Richtung Autos kommen, kann man auf der Strasse gehen, es hat Platz für beide. Kommen aber aus beiden Richtungen Fahrzeuge, oder gar ein Lastwagen, weichen die Fussgänger klugerweise aus!

Nach ca. einem Kilometer durften wir auf einen Waldweg abbiegen. Inzwischen war es warm genug geworden um im Sommertenue zu laufen. Auf dem Waldweg, der wiederum sehr sandig war, hatte es viele Tierspuren. Menschliche Fussabdrücke sahen wir hingegen kaum. Was uns zum stehen bleiben brachte war eine Draht- und Holzkonstruktion seitlich zwischen den Bäumen. Bei näherer Betrachtung sahen wir eine Schlinge! Eine Tierfalle! Weiter hinten hatte es noch mehr von den Dingern. Noch weiter hinten sahen wir einen schwarz gekleideten Mann auf Holzstapeln herumklettern. Dort war er offenbar am istallieren von noch anderen Fallen. Weiter vorne stand sehr gut getarnt ein Auto. Was ist das? Eine Forschungsstation oder illegale Jagd? Ist auf diese Art Fallen stellen in Frankreich erlaubt? Einmal mehr bereue ich es, dass ich die Landessprache nicht beherrsche. Zu gerne hätte ich den Monsieur gefragt.

Heute wurde uns wieder rechtzeitig zur Lunchzeit ein Pique-nique Platz geliefert. Wir machten eine ausgiebige Rast.
Danach ging es auf einer kleinen von Kastanienbäumen gesäumten Strasse weiter. Für mich ist es eine Qual an diesen schönen Früchten vorbei zu laufen, ja sogar zu sehen wie sie von den Autoreifen plattgewalzt werden. Beim fünfundzwanzigsten Baum streikte ich. Schnell stellte ich den Rucksack an den Strassenrand, zog die Plastiktüte aus der Tasche und begann von den Kastanien die grössten aufzulesen. Wenn man bedenkt, dass bei uns an der Herbstmesse 100 Gramm von diesen Dingern CHF 2.20 kosten, liegt hier ein kleines Vermögen.

Beim Einmarsch in den Ort Bostens fiel uns die aussergewöhnliche Bauart der Kirche auf. Normalerweise sind die Kirchen in den Dörfern geschlossen. Wenn jedoch ein spezielles Objekt am Weg steht, schau ich nach ob nicht doch offen ist. Diese hier war geschlossen, hatte aber neben dem Portal eine angeschriebene Tür. 'Halte Pelerins, entrėe! Jene Pilger die an der Kirche vorbeilaufen sehen diese Tür nicht. Das sieht man erst wenn man unter das Vordach tritt. Vorsichtig öffnete ich die Tür und schaute was sich dahinter verbarg.
Ein gemütlicher Raum mit Tisch und Bank, Sofa, Geschirrschrank, Herd, Ausguss und Wasserhahn, Kühlschrank mit Getränken, Kaffeemaschine und Wasserkocher. Es hatte sogar einen Blumenstrauss auf dem Tisch! Ein Zettel forderte die Pilger auf hier Rast zu machen, etwas zu trinken, den Stempel ins Credencial zu machen und etwas ins Livre d'Or zu schreiben.
Diese kleine Oase ist in Freiwilligenarbeit entstanden und wird offensichtlich gut betreut. Wir haben diese kleine Überraschung genutzt und nachher sehr gerne ein Donativo ins Sparschwein versenkt.
Es ist interessant zu sehen wie unterschiedlich die Gemeinden mit den Pilgern umgehen. Es gibt Orte, da fühlt man sich gar nicht willkommen und Andernorts ist man gerngesehener Gast.
Am späteren Nachmittag trafen wir am Zielort ein. Hier haben wir uns ein Hotelzimmer genommen. Im zuerst angestrebten Ort konnte ich in der Refuge nicht anrufen weil die Nummer nicht stimmt oder die Refuge geschlossen ist oder was auch immer. Die Dame auf der Marie in Roquefort hatte keine Lust uns zu helfen und ein Tourist Office gab es dort nicht. So haben wir uns entschlossen hier Halt zu machen. Ich war froh mussten wir nicht weiter gehen. Ich bin sehr müde vom alle Tage weiter marschieren. Es ist Zeit für einen Ruhetag. Morgen noch bis Mont-de-Marsan, dann gibt es einen Ruhetag.
Nächsten Freitag nehmen wir den Zug und fahren an die Küste nach St. Jean-de-Luz. Dort bleiben wir dann eine Woche bevor es auf dem spanischen Jakobsweg weiter geht.

Donnerstag, 17. Oktober 2013

83. Tag, Donnerstag, 17.10.13

Bourriot-Bregonce - Roquefort
13 km
Wir marschierten um viertel nach neun, bei sehr herbstlicher Stimmung los. Der Nebel verschleierte die Umgebung und liess Häuser und Bäume verschwinden. Wir hatten beschlossen einen kleinen Umweg über Retjons zu machen. Den kleinen Ort erreichten wir bei immer noch nebligem Licht. Bald fanden wir was wir suchten: den Stein mit der Markierung 1000 Kilometer bis Santiago. Hier gab es einen ausgiebigen Fotohalt.
Etwas später, wir hatten uns bereits etwa zwei Kilometer vom Dorf entfernt, hielt ein Auto neben uns. Ein älterer Franzose stieg aus. Er hatte uns beim Stein gesehen und ist uns nachgefahren. Er wollte wissen woher wir sind und wohin wir wollen. Er habe schon mit Pilger aus aller Welt gesprochen. Wieviele Kilometer pro Tag wir denn machen? Ah, 15 - 20, das sei gut. Viele machen einfach zu lange Etappen Ein Pilger aus Holland sei mit einer Sehnenscheideentzündung in dem Ort hängen geblieben. Nach drei Tagen sei er wieder zu Arzt weil er weiter wollte. Er bekam aber zwei Wochen Marschverbot. Da er Künstler war wollte er sich irgendwie beschäftigen. Da habe er den Stein gestaltet und mit einer kleinen Feier sei das Objekt platziert worden. Ha, diese Geschichte steht nicht in unserem Pilgerführer, die wurde uns live geliefert.

Bald führte der Weg von der Strasse weg wieder in die sandige Heidelandschaft. Dicht an dicht bedeckten die Erikabüsche den Boden unter den Kiefern. Stellenweise wuchs Farn oder Ginster und bei den sumpfigen Stellen die typischen Sumpfgräser. Überraschend bog unser Weg in ein kleines Tal. Ich glaubte wir müssten den Bach überqueren, aber unser Pfad schlängelte sich dem Bächlein entlang. Die Landschaft sah so verzaubert aus. Als Kind habe ich mir den Märchenwald so vorgestellt. Der sandige Fussweg war mit Kiefernnadeln bedeckt und liess die Schritte weich federn. Vorher ging es über viele Kilometer durch die Ebene, hier aber war die ideale Mountainbike-Strecke wie uns die Spuren verrieten. Auf und ab, Kurven, Wurzeln, Sand.
Die Sonne hatte endlich gegen den Nebel gewonnen und wir hielen Ausschau nach einem geeigneten Sitzplatz für unseren Lunch. Da tat sich vor uns eine Lichtung auf mit Tisch und Bank für Wanderer. Daneben eine grosse Sanddüne. In dieser Gegend hatte man das Gefühl hinter der nächsten Bodenwelle sieht man das Meer. Irrtum, die Küste ist noch viele Kilometer entfernt und das Rauschen tönt von der Autobahn.

Nachmittags wanderten wir wieder auf dem ehemaligen Bahntrasse. Wenige Kilometer vor Roquefort konnten wir den Damm verlassen und plötzlich fiel uns auf, dass der Umgebungswald nicht mehr aus Kiefern bestand sondern ein Laubmischwald war. Als hätten wir eine Grenze überschritten.
Bald gelangten wir in den Ort. In einer Bar konnten wir den Schlüssel für die kommunale Refuge abholen. Es ist ein Raum mit zwei Kajütenbetten, einer Herdplatte, einer Pfanne, wenig Geschirr, einer Duschmöglickeit (mit Igitt-faktor) und einer akzeptablen Toilette. Wir haben das Gefühl es wäre klüger gewesen in der grösseren Refuge zu reservieren.

Mittwoch, 16. Oktober 2013

82. Tag, Mittwoch, 16.10.13

Le Billon - Bourriot-Bregonce, ca. 15 km
Letzte Nacht war es trotz halboffenem Fenster sehr warm in unserem Zimmer. Yvėtte war bereits am heizen und der Radiator liess sich nicht regulieren. Nachts schob sie kein Holz mehr nach, die Restwärme reichte vollends. Sie hatte so Freude an ihrer behaglichen Wärme. Als ihr Telefon schrillte rannte sie durch den Flur zum Apparat. Nun ist es so, dass man diesem Weiblein kein rennen zutraut. Sie hat eine kleine feine Statur, misst nur ca. 1.55 m, dazu hat sie eine krumme Wirbelsäule und im oberen Rückenbereich einen Buckel. Ich staunte also ab diesen flinken Bewegungen, staunte noch mehr als sie zurück kam und erzählte der Anrufer habe sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigt. Normalerweise gehe sie am Dienstag ins Yoga, heute habe sie eben gefehlt weil sie Pilger zu Besuch habe. Yoga ..... hmm.
Wenn man sich die Beweglichkeit bis ins hohe Alter erhalten will, muss man also Yoga machen?!

Zum Frühstück holte sie exta für mich ein Glas Feigenkonfitüre hervor. Die reifen Früchte die noch am Baum waren mussten wir in unsere Futtertransportbox packen. Bevor wir aufbrachen reichte sie jedem von uns einen Schluck Wasser von Lourde. Mit ihren besten Wünschen für unsere Gesundheit und Kraft für den weiteren Weg nach Santiago entliess sie uns. Diese Frau hat mir grossen Eindruck gemacht.

Wir mussten zuerst etwa 3,5 km durch die sandige Föhrenwaldebene laufen, bis wir wieder auf den markierten Weg stiessen. Es herrschte eine neblige Herbststimmung. Die Temperatur lag im Bereich von ca. 15° , warm genug um bald kurzärmlig zu wandern.
Topfeben ging der Weg weiter. Viel Sand, gemischt mit schwarzer Moorerde, grosse Farnwedel, Erikakraut und endlose Reihen Föhren. Keine Bodenerhebung die den Augen Abwechslung geboten hätte. Schnurgerade Pisten Kilometer um Kilometer.

Im Buch heisst es: hier ist die Taubenjagd ein Volkssport. Besonders in der Zeit zwischen dem 1. Oktober und 20. November müssen sie auf die Jäger achten ..... Bisher haben wir noch nichts gemerkt. Hoffentlich bleibt das auch so.

Noch vor dem Mittag hatte die Sonne den Nebel aufgelöst. Milde 24 Grad war uns versprochen und so fühlte es sich auch an.

Nach etlichen Kilometern rochen wir besiedeltes Gebiet! Farmen mit tausenden von Canards (Enten). Die Einwohner des südlicheren Frankreich lieben Canard in allen möglichen Zubereitungsarten. Klar muss es solche Farmen geben die den Nachschub produzieren. Erfreulicherweise haben die Tiere sehr grosse Gehege (Freilandhaltung).
Als wir das Dorf erreichten bemerkten wir eine andere Bauweise der Häuser. Bisher endeten die Dächer an der Aussenfassade, es waren keine Dachvorsprünge und keine Vordächer vorhanden. Hier jedoch gibt es Vordächer, Veranden und auch an den Hausseiten sind die Dächer zwei / drei Ziegelbreiten überlappend.

Wir waren froh wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Diese Sandpisten sind enorm anstrengend .... mit jedem Schritt vorwärts rutscht man zugleich auch zurück.
Heute logieren wir wieder in einem Chambre d'Hôtes weil die Refuge die wir anpeilten geschlossen ist.

Dienstag, 15. Oktober 2013

81. Tag, Dienstag, 15.10.13

Bernos - Le Billon, 20 km
Le Billon sucht man vergebens auf der Landkarte.

Heute morgen wurden wir wieder auf den sieben Kilometer entfernten Jakobsweg gebracht. Wir verabschiedeten und bedankten uns herzlich bei Claire. Mit einem kurzen Hupen und Winken als Gruss fuhr sie zurück.
Wir standen wieder auf dem schnurgeraden ehemaligen Bahntrasse. Elf Kilometer geradeaus auf dem alten Bahndamm. Links und rechts 'Dschungel', unbewohntes sandiges, sumpfiges Gebiet.
In unserem Buch steht:
heute erstreckt sich auf der früheren Heidefläche Kiefernwald. Regelmässig verwandelt sich die Heidefläche nach einem Regenschauer in eine riesige Sumpffläche. Die Sandflächen von Les Landes zählten im Mittelalter zu den schwierigsten Passagen auf der Via Lemovicensis. In einem alten Führer heisst es: das ist eine gottverlassene Gegend, in der es an allem fehlt: es gibt dort weder Brot noch Wein, Fleisch, Fisch, Bäche oder Trinkwasserquellen. Ansiedlungen sind selten in dieser sandigen Ebene, die indessen reich ist an Honig, Hirse und Wildschweinen. Wenn du die Landes zufällig im Sommer durchquerst, denke daran, dein Gesicht einzuhüllen wegen den riesigen Stechmücken, die dort zu Millionen herumschwirren .....; und wenn du nicht genau auf deine Schritte achtest, kann es ganz schnell passieren, dass du bis zum Knie im Meeressand versinkst, der dort an allen Ecken und Enden zu finden ist.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Dünen an der Küste, die das Land zu versanden drohten, mit Bäumen befestigt und die Sümpfe trocken gelegt. Mit einer Gesammtfläche von über 1 Mio. ha gehört der Wald heute zu den grössten zusammenhängenden Waldflächen Europas. Ende Zitat.
Nach elf Kilometer bezw. fast drei Stunden gelangten wir in das Dorf Captieux. Dort mussten wir die Einkaufsmöglichkeit nutzen, denn am Übernachtungsort mussten wir selber kochen. Heute hatte Frau Lust auf Rösti mit Zwiebeln und Speckwürfeli. Im Einkaufskorb lagen: zwei grosse Kartoffeln, eine grosse Zwiebel, zwei Tomaten der Sorte 'coeur beuf', eine Büchse Ratatouille, je zwei Bananen, Nektarinen und Baguette, ein Stück Käse und eine Schachtel Kekse. Als ich die Einkaufstasche anhob schalt ich mich im Stillen! Frau ist wieder einmal hungrig einkaufen gegangen ..... Resultat: zuviel Gewicht! Das musste alles weitere ca. acht km im Rucksack geschleppt werden. Entsprechend fühlte es sich an. Zudem kam mir plötzlich in den Sinn, dass die Franzosen Rösti nicht kennen, folgedessen keine Röstiraffel haben. Hätte ich doch Ravioli kaufen sollen.
Zuerst ging es wieder einige Kilometer auf dem Damm. Danach musten wir, um zur Unterkunft zu gelangen, den Pilgerweg verlassen. Der Weg zur Unterkunft war zu Glück auch ausgeschildert, denn ausser Bäumen und hohem Farn und Heidekraut sah man nichts. Einöde und daneben eine Autobahn. Nach einer halben Stunde sahen wir immer noch nichts von einem Haus. Plötzlich bog der Weg nach links ab, wir entfernten uns von der Autobahn, da sahen wir weit hinten zwischen den Bäumen ein einzelnes Haus. Endlich die Pilgerunterkunft.
Yvėtte ist 84 jahre alt und beherbergt immer noch Pilger. Nachtessen bietet sie nicht mehr an, man darf aber ihre Küche benutzen.
Sie interessierte sich für unser geköch, glaubte ich wolle eine Suppe machen. Nein, Rosti kenne sie nicht. Mit meinen mangelhaften Sprachkenntnissen konnte ich nicht gut erklären was Rösti ist. Wir haben Yvėtte kurzerhand zum essen eingeladen was sie 'avec plaisire' annahm. Unsere Rösti (mit einem Schweizer Taschenmesser kleingeschnitten) schmeckte ihr sehr.

Montag, 14. Oktober 2013

80. Tag, Montag, 14.10.13

Bazas - Bernos-Beaulac,
15 km (bis zur Unterkunft)
In der Nacht rauschte draussen wieder der Regen. War das schön im Trockenen zu sein. Zudem fühlten wir uns sehr willkommen in diesem Haus. Das erschwert zwar den Aufbruch am Morgen, gibt aber auch wieder Mut und Kraft zum weitergehen. Es sind auch die Gespräche mit den Leuten die den Camino gemacht haben, das Strahlen in den Gesichtern, das Leuchten in den Augen, wenn sie erzählen, das hält den Motor am laufen.

Nach dem Frühstück fuhr uns Jean-Claude zum Super-Marche (wir brauchten dringend Imprägnierungsspray) und anschliessend zur Kathedrale.
Dies gehöre einfach zur Gastfreundschaft und sei selbstverständlich. Wir finden das ausserordentlich und sind sehr dankbar.

Zum wandern wurde es Wettermässig vorerst kritisch. Wir zogen vorsichtshalber die Regenhosen über und den Rucksack verhüllten wir auch. Der Wanderweg verlief auf einem ehemaligen Bahntrasse meist durch den Wald. So waren wir vor dem leichten Regen geschützt. Es hörte auch bald wieder auf und die Sonne bahnte sich einen Weg durch die Wolken.

In Bernos mussten wir uns auf der Marie (Gemeinde) melden um die Wegbeschreibung zur Unterkunft zu erhalten. Die Dame dort war sehr freundlich und wollte bei der Schlummermutter anrufen für Abholdienst. Es sei weit, zwei oder drei Kilometer. Wir verkniffen uns das Lachen, mit dem Hinweis auf die schon marschierten (ca.)1200 km seien diese drei auch noch zu bewältigen. Zudem war die bisherige heutige Strecke kurz und nicht sehr anstrengend.
Dann machten wir uns mit dem Plan in den Händen auf den Weg zur Unterkunft. Es ist sehr abgelegen, sehr ruhig und in wunderschöner Landschaft an einem kleinen Fluss. Nebenan ist eine ehemalige Mühle, die nach und nach zu Ferienwohnungen umgebaut wird.
Es hat einen Hund (elfjähriger Jack-Russel) eine Katzenmama und fünf junge, verspielte, sechs Wochen alte Kätzchen. Leider haben wir keinen Platz mehr im Rucksack. Sonst würde ich den kleinen Tiger mitnehmen und Heiner den schwarzen Kater.

Sonntag, 13. Oktober 2013

79. Tag, Sonntag, 13.10.13

Auros - Bazas, 13 km
Gestern Abend lagen wir schon um zehn in den Schlafsäcken. Wir schliefen tief und fest bis heute morgen um halb neun.
Heiner holte frische Croissants beim Bäcker, mhhh, lecker.
Wir brachen erst um elf Uhr auf. Die Sonne schien und wärmte uns. Eine Wohltat nach gestern!
Monsieur empfahl uns der Strasse entlang zu gehen, nach dem Regen gestern sind Wiesen und Waldwege nicht angenehm. Eine Strassenetappe liebe ich normalerweise nicht, aber das gestern war kaum auszuhalten (Mann hatte auch entsprechend ausgerufen).
Reben sahen wir heute auch nicht viel, dafür mehrere Pferdehöfe mit jeweils grossen Weiden und hübschen Pferden.
Um halb zwei waren wir bereits in Bazas. Hungrig setzten wir uns bei einem Restaurant unter die Laube. Selbstverständlich wurde für uns noch eine Mahlzeit zubereitet. Heiner probierte endlich: foie gras und ich als 'Leberverachterin' entschied mich für Risotto.

Wir besichtigten die Cathėdrale Saint-Jean-Baptiste (Johannes der Täufer) die im gotischen Stil ab 1233 erbaut wurde. Sie ist auf der UNESCO Weltkulturerbeliste.
Die Häuser rund um den Platz der Kathedrale haben Lauben wie wir das von Bern kennen. Bazas war Bischofssitz bis zur Französischen Revolution.

Um 17 Uhr wurden wir von Côlette abgeholt. Jene Pilger die in Bazas Übernachten wollen, melden sich bei einer Zentrale. Die Helfer dort haben eine Liste mit Familien die Pilger gerne für eine Nacht bei sich aufnehmen. Es wird für einem eine Unterkunft gesucht, man muss nur noch am entsprechenden Tag um 17 Uhr vor der Kathedrale sein.
Wir logieren heute etwa fünf Kilometer ausserhalb Bazas und werden morgen nach dem Frühstück wieder zurück gebracht.
Côlette hatte vorzüglich gekocht, zuerst gab es eine wärmende Suppe, danach folgte Salat und als dritter Gang Basmatireis mit Pouletschnitzel an Pilzsauce, danach die Käsevariationen und als Abschluss Creme mit Caramelsauce. Es war ein sehr gemütlicher Abend und wir bekamen viele nützliche Informationen.

Samstag, 12. Oktober 2013

78. Tag, Samstag, 12.10.13

La Rėole - Auros, 15,5 km
Früh am Morgen hörte man draussen den Regen rauschen. Ich drehte mich im Bett nochmal auf die andere Seite und schickte ein stummes Gebet nach oben, dass der Regen bis zu unserem Aufbruch ein Ende findet.
Beim Frühstück sagte Monsieur, dass es heute kein guter Tag sei zum wandern. Wir konnten ohne 'Fledermaus' losmarschieren. Nach der Besichtigung des ehemaligen Klosters drehte jemand den Wasserhahn in den Wolken auf. Wir warteten ..... es nützte nichts. Wir installierten unseren Regenschutz und traten ins Freie. Bäääähhhh! Regnete das aber nass! Der Weg aus der Stadt führte über den Samstagsmarkt. Da herrschte auch keine Verkaufs-/kaufsstimmung.
Wir überquerten den Fluss Garonne über eine schöne Hängebrücke, marschierten erst auf dem Damm und wenig später auf der Strasse weiter.
Nach etwa einer Stunde konnten wir die Fledermaus entfernen. Jacke und Regenhosen brauchten wir noch, denn es wehte ein kühler Wind. Reben sahen wir heute kaum, dafür wieder grosse Maisfelder, Pappelnwälder (kommerziell) und einmal eine Kiwiplantage von mehreren Hektaren. Die Zweige hingen schwer von Früchten bis zum Boden. Der Grifftest verriet sofort: noch nicht ganz reif. Schade. Aber für ein schönes Foto reichte es alleweil.
Für den Mittagslunch steuerten wir gezielt in ein Buswartehäuschen, da konnten wir trocken sitzen.
Am Nachmittag konnten wir sogar die Regenhose und den Pullover ausziehen, die Jacke brauchte es noch. In Savinac wollten wir im Restaurant einen Kaffee trinken. Da stand ein Lieferwagen vor der Tür und ein Mann war am beladen des Fahrzeugs. Ja, das Restaurant sei geschlossen antwortete er auf meine Frage. Was wir denn wollen. Bloss zwei Kaffee? Ja dann kommt doch herein. Zwei Kaffee sind kein Problem, bloss essen machen geht heute nicht. Und
.... die Toilette ist da hinten. Mit einem leichten Lächeln deutete er auf die Tür. War das so deutlich auf meiner Stirn angeschrieben? Für den Kaffee wollte er nichts, dafür wünschte er uns bon courage. Ohhh, wie sehr brauchten wir das nachher. Kaum waren wir zum Dorf hinaus wurde es sehr düster und es begann zu giessen. Regen konnte man das nicht nennen. Wir überlegten ob wir die Regenhosen noch anziehen sollen oder nicht. In der Hoffnung, dass es bald aufhört montierten wir nur die Fledermaus. Das war leider ziemlich falsch. Es goss immer weiter. Unterstehen im südlicheren Frankreich ist fast nicht möglich weil die Häuser keine Vordächer haben. Zudem mussten wir noch durchs Gelände zum vier Kilometer entfernten Auros. Irgendetwas mit dem Kilometerangaben stimmt hier nicht! Heute brauchten wir 90 Minuten für die vier Kilometer! Gestern brauchten wir für sechs Km bloss eine Stunde?? Oder ist es uns heute so weit vorgekommen weil es goss wie aus Kübeln und wir von aussen, innen, oben und unten nass wurden.
In Auros haben wir unsere Unterkunft gesucht. Schliesslich standen wir klatschnass und halb verzweifelt vor der Kirche und riefen bei der uns angegebenen Telefonnummer an. Der freundliche Monsieur sagte wir sollen vor das Portal vom Schloss Auros gehen und dann wieder anrufen, er sei nicht zu Hause könne uns aber den Weg sagen. Schloss Auros sieht sehr gepflegt aus und ist noch in Betrieb. Vor dem Portal angelangt rief ich wieder an und wir wurden bis zur Gite gelotst. Wir sind wieder einmal sehr gut untergebracht. Der Schlossherr selbst brachte uns später eine wunderbar wärmende und stärkende Gemüsesuppe mit Canard, dazu eine Flasche Wein vom Château. Für unser Wohlbehagen (und Kleider trocknen) schaltete er extra die Heizung an.

Freitag, 11. Oktober 2013

77. Tag, Freitag, 11.10.13

St. Ferme - La Rėole, 19 km (+2 km Umweg)
Hillary unsere Hospitaliere hatte gestern ein sehr leckeres Nachtessen gekocht. Die Unterhaltung war in englisch/französisch und einige Worte in Deutsch. Claude, der französische Pilger, hat gesagt er könne deutsch: der Kaffee ist gut aber meine Tasse ist zu klein. Damit hat's sich. Seine Tochter wohnt in Deutschland und die Kinder wachsen zweisprachig auf. Es ist also nicht notwendig, dass die Grosseltern deutsch lernen. Trotzdem habe ich versucht ihm 'Chlämmerli' beizubringen. Man weiss ja nie .... und wir werden ihn und seine Frau Gėnėvieve bestimmt wieder treffen. Sie wollen am 15. Dez. in Santiago sein, wir spätestens am 18. Dezember. Beide wollen wir den Küstenweg nehmen.

Nach dem Nachtessen wurden wir noch für eine nächtliche Kirchenbesichtung (Privatführung) abgeholt. Auch wenn wir nur die Hälfte verstanden haben war es interessant.

Müde krochen wir früh in unsere Schlaftüten. Bald zeigte sich, dass ich einen fatalen Fehler gemacht hatte. Freiwillig hatte ich ein oberes Bett belegt ..... und vergessen meine Ohrenstöpsel mitzunehmen. Ich kann nicht einschlafen wenn jemand schnarcht .... und Claude hat geschnarcht. Es blieb mir nichts anderes übrig als nochmal hinunter zu kraxeln und im Schein der Stirnlampe die Pfropfen auszugraben. Danach klappte es mit schlafen.
Am morgen ist er schon vor sieben wieder aktiv geworden. Oooohhh, es wird ja erst um acht Tag und vor der Hitze muss man auch nicht mehr davonrennen. Ich versteh diese Hektik am morgen nicht.
Laufen geht für ihn auch recht bequem mit sehr leichtem Gepäck. Seine Frau fährt mit dem Auto und hat das Essen und das Gepäck dabei. Die beiden sind vor Jahren schon einen Jakobsweg gegangen. Jetzt ist Gėnėvieve gesundheitlich sehr angeschlagen und nicht mehr fähig für solche Strapazen. Auf diese Art können sie den Weg trotzdem 'gemeinsam' machen.

Um acht Uhr ist Claude losmarschiert. Wir hatten erst mit dem Frühstück begonnen und liessen uns Zeit. Ich verstand mich mit Hillary sehr gut, auch ohne viele Worte. Es ist bereichernd solche Personen kennen zu lernen.
In der Nacht hat es ordentlich abgekühlt und heute morgen zeigte das Thermometer noch ganze sechs Grad. Das bedeutet: Pullover und Jacke anziehen.
Wir machten uns um neun Uhr auch auf die Socken und verpassten schon zu Beginn der Etappe prompt eine Abzweigung. Diese Markierungspfosten sind wirklich doof. Wir marschierten auf der Strasse in die falsche Richtung und machten so eine Schlaufe nach Osten statt nach Westen. Um halb elf waren wir wieder auf Kurs und am Mittag gleichauf mit Claude und Gėnėvieve. Nach dem Lunch ist er etwa fünf Minuten vor uns los, wir sahen ihn aber nicht mehr bis am Zielort. Er ist nach uns eingetroffen! Hat er einen anderen Weg als wir, oder ist ihm das selbe passiert wie uns am Morgen?

In La Rėole mussten wir uns im Tourist Office melden. Die Dame hat uns einen Übernachtungsplatz vermittelt und mittels Ortsplan zeigte sie uns den Weg dorthin. Wir haben ein Zimmer in einem Privathaus.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

76. Tag, Donnerstag, 10.10.13

Pellegrue - St. Ferme, 6 km
Wir haben beide sehr gut geschlafen. Obwohl sich die Fenster auf der Strassenseite befanden hörten wir nicht viel von draussen. Vielleicht lag es auch an der absolvierten Distanz.
In der Nacht hatte es geregnet, die Strassen waren noch nass. Es wehte ein kühler Herbstwind, der die Wolken vor sich her schob. Er brauchte den ganzen Tag um den Himmel blank zu fegen. Laut Meteo bringt er bis morgen neue Regenwolken.

Pellegrue ist ein kleiner Ort mit 980 Einwohnern. Wir staunten was die Gemeinde alles für die Einwohner und Besucher macht/e: da ist z.B. die Refuge die wir zu einem äusserst günstigen Tarif nutzen durften (das reicht wohl kaum um die Putzfrau zu bezahlen). Dann macht das Schulgebäude einen sehr gepflegten Eindruck, eine Ecke des Pausenplatzes ist mit einem neuen Dach geschützt. Die Umgebung der Kirche und des Friedhofs ist schön gestaltet, sauber und es hat viele Parkplätze. Neben dem Kirchplatz hat es einen hübschen, kleinen, grünen Park und wenn man die Treppe hinunter auf den unteren Platz geht, findet man eine blitzblank, geputzte WC-Anlage.
Hat diese Gemeinde einen spendablen Geldgeber, oder momentan eine Behörde die sich auch um solche Dinge bemüht?

Wir konnten heute bummeln und all die Dinge am Wegrand beachten:
Feigenbäume mit süssen, reifen Früchten. Es hat nicht immer die selbe Sorte, da gibt es schon auch Abwechslung. Weiter hatte es Weinstöcke die nicht komplett abgeerntet sind, oder der Besitzer hat an die Wander- und anderen Vögel gedacht. In einem Garten habe ich einen Granatapfelbaum entdeck und musste ihn gleich fotografieren.
Am frühen Nachmittag erreichten wir unseren Zielort. Das kleine Dorf hat nur etwa 340 Einwohner, aber eine um so grössere Kirche. Die Klosterkirche des ehemaligen Benediktinerklosters stammt aus dem 12. Jahrhundert.
Die Refuge befindet sich in einer kleinen Gasse nicht weit von der Kirche entfernt. Unsere Hospitaliere ist Engländerin, toll, wir können wieder dazu lernen. Es ist noch ein Ehepaar dazu gekommen, jetzt gibt es ein lustiges Sprachengemisch.
Vorerst geniessen wir die Abendsonne und lassen die frisch gewaschene Wäsche trocknen.

Mittwoch, 9. Oktober 2013

75. Tag, Mittwoch, 9.10.13

St. Foy-la-Grande - Pellegrue, 19 km
In unserem Reiseführer steht: ab St. Foy-la-Grande erfolgt die Markierung zunächst durch Holzpfosten (dies betrifft nicht nur den Jakobsweg, sondern auch die lokalen Rundwanderwege). Leider fehlt die eindeutige Richtungsangabe. Steht nur ein Pfosten vor der Kreuzung, so ist in die Richtung abzubiegen, auf deren Seite der Pfosten steht. Steht aber nach der Kreuzung ein weiterer Pfosten, sollen Sie geradeaus weitergehen (Ende Zitat)
Willkommen im Bordeaux. Wir hatten uns so gut an die verlässliche Markierung mit der Muschel und dem gelben Pfeil gewöhnt. Diese Markierungen sind wirklich gut und wir haben uns im Gelände selten unsicher gefühlt, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind. Heute, am ersten Tag mit der neuen Markierung, sind wir mehrere Male ratlos stehen geblieben. Hhhmmmm?!? Wir wünschen uns die andere, eindeutige Markierung zurück!
Wir hatten heute auch in anderer hinsicht Mühe: nach den Ruhetagen gibt es (wir wissen es schon) Startschwierigkeiten. Die Etappenlänge heute (19 km) hätten wir gerne mit morgen vertauscht (6 km).
Der Himmel war heute mässig bis stark bewölkt, trotzdem konnten wir in kurzen Hosen und Shirt marschieren. Zum lange an einem Ort verweilen war das aber doch zuwenig.
Vor Wochen sind wir zwischen riesigen Flächen mit Mais, Korn und Sonnenblumen gewandert. Später waren es die Viehweiden die sich bis zum Horizont erstreckten, jetzt sind es die Reben. Hektaren um Hektaren in geraden Reihen. Die Ernte neigt sich bereits dem Ende zu. Man riecht öfters das Gären der Maische.
Heute haben wir das erste Mal einen Orangenbaum mit Früchten gesichtet und Feigen gab es auch wieder am Wegrand.
Um vier Uhr erreichten wir den Zielort und steuerten natürlich zuerst die offene Bar am Strassenrand an. Echter Kaffee! Herrlich.
Den Türcode für die Refuge haben wir gestern schon erhalten, so konnten wir gleich in die kleine Wohnung über dem Tourist Office. Zwei Kajütenbetten, ein kleiner Tisch, ein Kühlschrank, Mikrowelle, Zweiplattenherd (nur eine funktioniert) und Spühltrog in einem Raum. In einem zweiten Zimmer hat es noch ein Kajütenbett und einen grösseren Tisch. Das Badezimmer ist geräumig mit genug (!) Abstellfläche.
Die Übernachtung konnten wir im Tourist Office bezahlen
(5 Euro p./P). Danach sind wir einkaufen gegangen. Frau hatte Lust auf Spinat mit Pellkartoffeln, dazu gab es gekochte Eier. Zum Dessert essen wir Früchte soviel wie noch Platz haben.

Dienstag, 8. Oktober 2013

74. Tag, Dienstag, 8.10.13

St. Foy-la-Grande.
Ruhetag / Geburtstag.
Wir verbrachten einen ruhigen, gemütlichen Tag. Heiner war am Morgen noch beim Coiffure/Barbiėr und sieht jetzt wieder gepflegt und zivilisiert aus. Am Nachmittag haben wir einige Postkarten geschrieben und die nächsten Etappen geplant und am Abend sind wir in ein Restaurant gegangen. Wir haben sehr gut gegessen (wie meistens in Frankreich) und sind froh, dass wir morgen wieder marschieren können. Andernfalls müssten wir uns bald Kleider beschaffen die einige Nummern grösser sind.

Montag, 7. Oktober 2013

73. Tag, Montag, 7.10.13

St. Foy-la-Grande
Wir haben schon wieder geschlafen bis um acht. Dann in aller Ruhe gefrühstückt. Butter fehlte zwar im Kühlschrank dafür hatten wir noch Pouletfleisch aus dem Rucksack.
Diese kirchliche Herberge ist in einem alten Haus untergebracht, das Baujahr ist mir nicht bekannt. An sämtlichen Wänden hatte es gemusterte Tapete, zum Teil leicht abgerissen. Die Stockwerke waren über eine schiefe Holztreppe miteinander verbunden. Die Toilette befand sich im oberen Flur unter der Treppe, die Dusche am anderen Ende des Flurs. Der Lichtschalter für unser Schlafzimmer befand sich im Flur gleich neben der Tür (Nachttischlampen hatte es nicht). Der Schalter für das Licht im WC befand sich auf der anderen Seite der Treppe und der Lichtschalter für das Treppenlicht war vor der Tür zur Dusche. Alles klar?
Die Küche war gut bestückt, es hatte reichlich Töpfe, Pfannen, Geschirr, Besteck und sogar eine Mikrowelle (aus den Anfängen). Der Kochherd war neueren Datums, die Kaffeemaschine (Filterkaffee) hat schon viel mitgemacht. Der Fussboden hing durch und an einer Stelle vor dem Schüttstein (wirklich Stein!) traute ich mich kaum aufzutreten. Trotzdem waren wir froh um diese Übernachtungsmöglichkeit. Die Schweizer sind zu sehr verwöhnt.

Um zehn brachen wir zur heutigen Etappe auf: über die Brücke, durch die Rue de la Rėpublique bis zum Grand Hotel**
Insgesammt etwa 1 Kilometer, mit leichtem; Gepäck, da wir weder Wasser noch Früchte oder sonstige Esswaren geladen hatten. Wir wollten erst unsere Rucksäcke deponieren da wir nicht erwarteten das Zimmer schon um halb elf beziehen zu können. 'Oh non, sie müssen nicht Gepäck deponieren, sie können gleich in das Zimmer'.

Wir machten Stadtbesichtigung ohne Rucksäcke und Lunch am Ufer der Dordogne. Im Rücken die gut sichtbare Stadtmauer. Sainte-Foy-la-Grande wurde 1255 als Bastide erbaut. Eine Wehrsiedlung im Hundertjährigen Krieg. Der Mittelpunkt der Siedlung bildete ein Platz mit Markthalle und einer Kirche. Um ihn herum wurden schachbrettartig Strassenzeilen mit zweistöckigen Häusern angelegt. Das Rechteck wurde dann mit einer Mauer befestigt.
Am Nachmittag gingen wir wieder auf Sockenjagd. Auch Heiner's Wandersocken haben Löcher. Solche Spezialsocken zu finden ist gar nicht einfach.

Sonntag, 6. Oktober 2013

72. Tag, Sonntag, 6.10.13

Château Puy Savin - Port-Sainte-Foy-et-Ponchapt, 5 km

War das herrlich so ungestört ausschlafen zu können. Kein Strassenlärm, keine unmittelbaren Nachbarn, niemand der uns hinauswarf weil für die nächsten Pilger geputzt werden musste. Frühstück um neun, trödel, trödel ....
Pilgerführer studieren, Etappenhalte vorsondieren etc.
Um halb zwölf wärmten wir den Rest Gemüsesuppe vom Vorabend. Um viertel nach zwölf gingen wir bei Sonnenschein auf den Spaziergang durch die Reben. Wir sind tatsächlich im Weinbaugebiet angekommen! Reben, Reben, Reben. Meist schon abgelesen und wenn nicht, dann schützt ein Zaun oder tiefer Graben vor gefrässigen Pilgern. Heute war der Graben an einer Stelle nicht so tief und breit! Ich habe nur eine Traube gepflückt, die teilten wir.
Der Wiesenweg war noch sehr nass und sumpfig vom vielen Regen. Am Himmel zogen Wolken in verschiedenen Grauschattierungen. Eine Stimmung, Lichtverhältnisse fürs Fotobuch. Fotos konnte ich auch von zwei Rehen machen. Ich brauchte ordentlich Zoom, hatte kein Stativ und hoffe, dass sie trotzdem brauchbar sind.
Kurz vor dem Zielort mussten wir von den Rebhängen zum Fluss Dordogne durch ein Stück Wald hinuntersteigen. Ein steiler, rutschiger, felsiger Pfad. Wie haben das die anderen gestern gemeistert? Die Müdigkeit von bereits 32 km in den Beinen und im Kopf. Ich wäre wohl am heulen gewesen. Heute machten wir langsam und vorsichtig. Zeit hatten wir im Überfluss. Unten angekommen genossen wir zuerst den Anblick der Dordogne und den Uferweg. Von der Zeit her wäre ein Kaffee fällig. Ein Restaurant am Weg bot nicht den passenden Rahmen. Das sah ich aber erst als ich die Tür geöffnet hatte. Von aussen sah es ganz normal aus. Innen schwirrten Kellner in weissen Hemden, Gilet und schwarzer Fliege um weiss gedeckte Tische und wohlriechende, schön gekleidete Gäste. Schwitzende Pilger mit nassen Wanderschuhen waren hier absolut fehl. Auf der anderen Seite des Flusses fanden wir was wir suchten: ein kleines Lokal mit vier Tischen im Freien. Wir bestellten Kaffee und Crėpes flambėe, hauchdünne Omletts mit etwas Geist. Wir durften nachher in die kirchliche Herberge ....
Um vier öffnete auch diese Unterkunft die Pforte. Ein freundlicher Empfang in einem alten, grossen Haus. Wieder haben wir das ganze für uns allein. Ein grosser Garten mit einer mächtigen Linde verschafft das perfekte Wohlbehagen. Es hat einen Radio, wir hören Musik und ich habe auf dem Bücherregal ein deutsches Buch gefunden.
Die Etappe morgen: 1 (!) Kilometer. Wir zügeln einfach ins Grand Hotel auf der anderen Flussseite. An meinem Geburtstag übermorgen will ich nicht in irgendeiner Refuge sein.

Samstag, 5. Oktober 2013

71. Tag, Samstag, 5.10.13

Mussidan - Château Puy Servain, 25 km
Gestern abend zog nochmal ein heftiges Gewitter über uns hinweg. Der Regen stürzte Sintflutartig herab. Herrlich, so trocken und kuschelig weich im Schlafsack zu liegen.

Heute morgen klingelte bei den andern um sieben der Wecker. Im Stirnlampenlicht packten sie die Rucksäcke. Ich war dankbar, dass das helle Deckenlicht ausgeschaltet blieb. Da ich in dem oberen Kajütenbett lag, hätte mich das extrem gestört. Als die anderen hinunter zum Frühstück gingen, schälten wir uns auch aus den Schlaftüten.
Annemarie und Jean-Marc brachen um acht Uhr zu ihrer langen Etappe auf. Wir setzten uns zum Frühstück. Wir hatten beschlossen die 28 Kilometer etwas zu reduzieren indem wir am Morgen auf der Veloroute marschierten. Das Gelände war vom vielen Regen durchnässt und ein laufen auf Waldwegen wäre bei diesen Verhältnissen kein Genuss. Zudem sind uns 28 km schlichtweg zuviel und die Monsteretappe von 33 km ..... nein danke, ohne uns. Nur damit man in billigen Refuges nächtigen kann.

Wir verliessen um neun unsere Unterkunft. Hundert Meter weiter vorne war Samstagsmarkt. Wir kauften uns ein Holzofenbrot für unterwegs und zwei Pain au Chocolat. Der Verkäufer hatte so Freude an uns, dass er uns noch zwei Pain au Chocolat schenkte. Dazu wünschte er uns 'Bon Courage'. Das gibt einem wirklich bon courage!

Der Start heute morgen war neblig verhangen. Die Sonne hatte zu kämpfen. Um fünf vor zwölf erreichten uns die ersten Strahlen, um fünf nach zwölf zerrten wir eilig den Regenschutz hervor. Aprilwetter im Oktober. So blieb es den ganzen Tag. Gegen sechzehn Uhr zogen schwarze Wolken heran und es begann wieder zu donnern. Wir erreichten einige Häuser und konnten uns unterstellen. Da tauchten im Regen zwei bekannte Gesichter auf. Annemarie und Jean-Marc hatten sich etwas verlaufen .... sie war wütend, weil er an der vorgegebenen Etappenlänge festhielt. Sie war müde und es lagen noch acht Kilometer vor ihnen. Ich habe vorgeschlagen, am reservierten Ort anzurufen und abzumelden. Sie könnten doch mit uns kommen. Das wollte er nicht. Weiter, weiter.
Wir warteten bis der Gewitterregen vorbei war, dann eilten wir unserer Unterkunft entgegen: Château Puy Servain. Das ist kein Schloss sondern ein Weingut. Da wohnt niemand mehr. In einem der Gebäude ist eine kleine, saubere Herberge mit sechs Betten eingerichtet. Das Nachtessen und das Frühstück war schon vorbereitet.
Wir sind alleine, alle anderen haben sich an die Monsteretappe gehalten. Morgen stehen für uns gemütliche fünf Kilometer an. Es ist ausschlafen angesagt.

Freitag, 4. Oktober 2013

70. Tag, Freitag, 4.10.13

Douzillac - Moussidan, 10 km
Wir wurden wieder einmal kulinarisch verwöhnt gestern abend und heute morgen. So einen üppigen Frühstückstisch mit Fleisch, Käse, Früchten, Müesli und den üblichen Zutaten hatten wir bisher noch nie. Das alles zu einem sehr Pilgerfreundlichen Preis. Die Übernachtung die wir für morgen ins Auge gefasst hatten, liessen wir bleiben als wir den Preis hörten! Und das nennt sich auch Pilgerunterkunft. Die Spannweite ist enorm.

Gestern Abend zog ein heftiges Gewitter über uns hinweg. Der Regen rauschte die ganze Nacht übers Dach und am Morgen regnete es immer noch. Wir warteten bis um zehn, es nützte nichts. Wiederwillig verpackten wir alles regendicht, inkl. uns selbst und marschierten los. In Anbetracht des Wetters wählten wir die Veloroute.
Nach etwa vier Kilometer stiessen wir auf eine kleine offene Bar. Wirklich klein, nur drei Tische. Madame war sehr erfreut, dass wir eintraten. Kaffee gab es aus dem 'Hydrant' und heimlich steckte sie mir zwei Bisquits zu, die anderen Gäste sollten das nicht sehen. Der Weg zur Toilette: hinter die Bar, durch den Streifenvorhang, durch die private Küche, über den Hinterhof (mit einem rosafarben Regenschirm) in ein kleines Kabäuschen ..... wer jetzt ein Plumpsklo erwartet liegt falsch! Es war ein blitzsauberes WC eingebaut.
Nach diesem Kaffeehalt mussten wir wohl oder übel weiter durch den Regen. Irgendwann später wäre ich beinahe auf eine Schlange getreten. Sie war schon tot, breitgefahren und dürr, trotzdem bekam ich noch Gänsehaut.
Früh am Nachmittag erreichten wir die Refuge municipal. Es ist noch ein anderes Ehepaar in unserem Alter hier. Sie sind vor einem Monat aufgebrochen und wollen auch bis Santiago.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

69. Tag, Donnerstag, 3.10.13

Château Puy-Ferrat - Douzillac 14 km
Wir haben beide schlecht geschlafen. Die Beine schmerzten nach der anstrengenden Etappe. Irgend etwas mit unserer Anmeldung in der 'Herberge' ist offensichtlich schief gelaufen. Madame kam nicht zum stempeln und kassieren. Da wir niemanden mehr sahen, konnten wir kein Frühstück bestellen. Brot hatten wir genug dabei, Pulverkaffee auch, Butter hatte es noch wenig im Kühlschrank.
Als wir marschbereit waren, gingen wir in den Hof und suchten irgend jemanden. Der Bruder von Madame kam heraus und sagte, seine Schwester habe die Kinder zur Schule gebracht, sie sei sicher bald zurück. Nach einer Weile wollte er uns den Stempel geben und stellte fest: die Schwester hat das Haus abgeschlossen, also kommt sie nicht gleich zurück. Dann fragte er ob wir angemeldet gewesen seien. Ja, die Dame vom Tourist Office habe das für uns gemacht. Hhhmmm.
Schliesslich bezahlten wir die Übernachtung bei ihm und machten uns ohne Stempel vom Schloss auf den Weg.

Die erste Stunde konnten wir noch in normaler Kleidung wandern danach brauchten wir den Regenschutz. Mal mit, mal ohne 'Fledermaus'. Es ging heute gar nicht gut. Mein Kreislauf arbeitete nicht ganz normal und beide spürten wir den gestrigen Tag sehr. Gegen die Mittagszeit erreichten wir ein kleines Dorf, das laut unserem Guide ein Restaurant hat. Der Weg führte dummerweise gleich wieder zum Ortsausgang. Da der Briefträger kurz vor uns anhielt fragten wir ihn nach dem Restaurant. Ja, da drüben, etwa 200 Meter, gleich nach dem Bahnübergang.
Wir genehmigten uns wieder einmal ein Menue du jour. Das hat dem Gemüt gut getan.

Am Nachmittag hatten wir die selbe Wettersituation wie am Morgen. Der Weg führte auch wieder bergauf und ab, diesmal mehrheitlich durch Föhrenwald. Wir waren so langsam unterwegs, dass wir unser Ziel erst um viertel nach fünf erreichten. Es ist eine Privatperson die Pilgern ein Bett bietet. Nach uns sind noch vier andere Pilger/innen angekommen. Es ist die eine Pilgergruppe die wir in dem schimmligen Hotel in Aixe sur Vienne trafen. Das kann noch lustig werden heute Abend.

Mittwoch, 2. Oktober 2013

68. Tag, Mittwoch, 2.10.13

Perigueux - Château de Puy-Ferrat, 26 km
Jean-Louis musste uns das Frühstück schon auf halb acht bereitstellen. Draussen war es noch nicht hell als wir beim Kaffee sassen. Auf dem grossen Platz vor dem Haus waren die Marktfahrer schon eine ganze Weile am aufstellen. Um viertel nach acht verabschiedeten wir uns von Jean-Louis, der bereits in seinem Ohrensessel sass und die schönsten klassischen Konzerte dirigierte. Er hat eine moderne Musikanlage mit sehr gutem Klang. Zum Musikgenuss raucht er jeweils eine Pfeiffe.

Gestern früh hatte es ziemlich Nebel und Tagsüber gab es einige Regentropfen. Für heute hiess es: Regen oder Gewitter möglich. Die Sonne kam zum Vorschein und es wurde 27° warm. Alles was wir oben hineinschütteten kam durch alle Poren wieder raus.

Vorerst galt es den Weg aus der Stadt zu finden. Nach einigen Zusatzschlaufen fanden wir den markierten Weg. Es ging einige Kilometer durch Aussenquartiere und dann durch Vororte. Erst um elf Uhr kamen wir durch Waldgebiet. Seit Tagen halte ich Ausschau nach genügend grossen Kastanien zum kochen. Heute hatte es gleich Kiloweise die schönsten Früchte. Mit meinem Schneckenhaus auf dem Rücken war das Auflesen etwas mühsam. Mein Angetrauter lachte mich aus: willst du das auch noch mittragen und wozu?

Heute fanden wir zur Mittagszeit eine Bank am Waldrand.
Nach dem Lunch ging es meistens durch Wald. Schöne und weniger schöne Wege, auf und ab und wieder bergauf. Da die Route geändert wurde konnten wir uns nicht ganz auf unseren Guide verlassen. Auf einem Teilstück, eine neue Strasse, fanden wir plötzlich keine Markierungen mehr. Entweder sind sie noch nicht angebracht oder wir haben eine Abzweigung verpasst. So landeten wir in einem kleinen Dorf in der Bar ( Kaffeehalt .... muss man nutzen) und siehe da: auf der anderen Strassenseite hatte es wieder unsere Muschelmarkierung. Ab da verfehlten wir den Weg nicht mehr. Er zog sich aber seeeehr in die Länge.
Um viertel vor sechs erreichten wir unser Tagesziel. Die Refuge ist in einem Nebengebäude des Schlosses untergebracht. Es hat im Massenlager 20 Betten und noch zwei Zimmer mit grossem Bett. Wir bekamen ein Zimmer zugewiesen und die Auskunft, dass Madame um sieben komme um die Ausweise zu stempeln. Wir waren (und sind) allein in dieser Herberge mit Kochgelegenheit .....
Es hat Geschirr und Pfannen und einen Kühlschrank, aber keine Einkaufsmöglichkeit! Ausser einem kleinen Rest Teigwaren keine Vorräte .... nichts. Nun kamen meine gesammelten Kastanien bereits zum Einsatz! Teigwaren mit Kastanien, dazu Salami und Käse. Unser Nachtessen schmeckte lecker! Stempel haben wir noch keinen bekommen, es ist niemand erschienen. Wir gehen jetzt zu Bett. Nach diesem anstrengenden Tag sind wir hundemüde. Guet Nacht!

Dienstag, 1. Oktober 2013

67. Tag, Dienstag, 1.10.13

Perigueux
Wir sind in der Wohnung eines sehr betagten Herrn einquartiert. Es ist nicht einfach, sich von so jemandem bedienen zu lassen. Das Frühstück hatte er schon bereitgestellt. Nach dem petit dėjeuner wollte ich abräumen, das mochte er nicht akzeptieren. Ich habe trotzdem das Geschirr in die Küche gebracht. Wenn ich 85 und tatterig bin, mag ich wohl auch nicht zehn mal in die Küche und zurück humpeln. Er ist so liebenswürdig und im Kopf noch absolut klar.

Heute war Stadtbummel angesagt: zuerst Tourist Office, dann Pilgerbüro, neue Socken kaufen, Reservation für morgen und übermorgen machen lassen, Internet-Cafe suchen, Altstadt genauer besichtigen, Gallo-römische Ausgrabungen besichtigen.
Im Tourist Office bekamen wir einen Stadtplan und die Info, dass das Pilgerbüro nur am Freitagnachmittag offen ist. Einen PC habe es im Hôtel de Ville (Gemeindehaus) zur gratisbenutzung, oder es gäbe einen Cyber-Tour wo man Internet-Zeit kaufen kann. Anschliessend an diese Infoflut brauchten wir bereits einen Kaffee.
Socken kaufen ging auch schief, die richtige Grösse an Wandersocken war nicht vorrätig und ein zweites Sportgeschäft wäre zwar nur 6 Minuten entfernt .... aber eben mit dem Auto!
Internet-Zeit bekamen wir in der Marie 30 Minuten - das reichte zum etwas Nachschlagen und ein eMail schreiben (auf der frz. Tastatur sind die Buchstaben anders angeordnet).
Mittagslunch machten wir in der Altstadt, danach musste ich den Blog von gestern nachholen.

Die Besichtigung der gallo-römischen Überreste von Vesunna beanspruchte einige Zeit und war dank des deutschen Audioguides sehr Aufschlussreich.

Der zweite Besuch im Tourist Office bot eine Knacknuss: der erste angestrebte Übernachtungsplatz war ausgebucht, ebenso der zweite und dritte. Als vierte Möglichkeit wäre ein Zimmer zwei Kilometer neben dem Jakobsweg .... ebenfalls besetzt. Fazit: wir haben ein Zimmer, müssen aber 26 Kilometer marschieren und es ist nicht flach! Morgen gibt es also nichts gemütliches, hoffentlich bleibt das Wetter trocken.

66. Tag, Montag, 30.9.13

Sorges - Pergueux, 24 km
Das Wetter wirkte auch heute nicht wirklich berauschend. Pilger wünschen sich: wandern ohne Regenschutz.
Dominique gab uns noch Verhaltensregelungen mit auf den Weg: bei Gewitter auf keinen Fall unter einen Baum (schwierig wenn man im Wald ist)! u.s.w.
Die Route auch heute wieder so wie wir es uns das vor Limoges gewünscht haben. Feld- und Wiesenwege, Waldwege die als Kulisse für ein Märchen dienen könnten. Schmale Pfade, Haselsträucher, Birken, Trockenmäuerchen mit Moos überzogen, ab und zu Kastanienbäume oder grosse, stattliche Eichen.
Rechtzeitig zum Mittag erreichten wir einen 'Wanderparkplatz' mit offener Schutzhütte. Da im Wald alles zu nass war um sich hinzusetzen freuten wir uns über diese Möglichkeit. Tisch und Bank fehlten leider. In einer Ecke hatte jemand ein starkes Stück von einem Ast verkeilt .... jupii - eine Sitzgelegenheit. Dankbar für diese Improvisation genossen wir unseren Lunch.
Am Nachmittag ging es weiter auf wandergerechten Wegen. Wir kamen gut voran und erreichten die Aussenbezirke von Perigueux bereits um halb drei. Wir sichteten ein Einkaufszentrum mit Cafė und steuerten über den grossen Parkplatz darauf zu. Plötzlich sagte Heiner: lueg do - ä Berner! Das Ehepaar das gerade am einsteigen war kam lachend zu uns. Wir hatten eine kurze, lustige Unterhaltung. Wieder einmal Schweizerdeutsch mit jemand anderem!
Nach Kaffee und Kuchen machten wir uns auf ins Stadtzentrum. Um halb fünf waren wir bei der Kathedrale und beschlossen sie sofort zu besichtigen und den Stempel zu fassen. Auch diese Kathedrale sehr eindrücklich, als Pilger wurden wir eingeladen den Kreuzgang nebenan zu besichtigen (für Pilger gratis).
Danach suchten wir unsere Unterkunft. Wir irrten etwas in der sehr schönen Altstadt umher bis wir es fanden. Eine private Unterkunft in einem Wohnblock gegenüber vom Stadttheater.