Montag, 22. April 2024

Reisenews

Wir sind heute mittag in Bilbao angekommen. Die Busfahrt dauerte etwa 90 Minuten und war recht kurzweilig. Wir haben beide noch nie erlebt, dass ein Bus in eine ganz enge Ortschaft fährt wo es am Ende der Strasse nicht mehr weiter geht. Der Wendeplatz ist eine Drehscheibe. So wird der Bus gewendet ohne die Nerven von Fahrer und Fahrgästen zu strapazieren. Der Bus fährt auf die Drehscheibe, der Fahrer steigt aus und setzt den Drehmechanismus in gang, steigt wieder in den Bus und nach dem Wendemanöver wird die Fahrt fortgesetzt. Apropos strapazierter Nerven: Heiner sass wohl zu nah am Fahrer. Er hatte nach der Fahrt immer noch ganz verkrampfte Hände und Füsse vom angespannten mitfahren. 
Die zentrale Busstation von Bilbao wurde offenbar neu gebaut. Wir haben das nicht so gross in Erinnerung. Das ist nun mit einem Flughafen oder einem mehrstöckigen Bahnhof vergleichbar. Wir mussten uns orientieren und zurecht finden. Zuerst vom Perron in die grosse Wartehalle. Dann die Rolltreppe nach oben suchen, im Zwischendeck ging es an Läden, Imbissbuden und Ticketschaltern für die verschiedenen Buslinien vorbei, durch einen Gang und nochmal eine Rolltreppe hoch ans Tageslicht. Dank Google Maps mussten wir heute keine Polizisten nach dem Weg fragen. Beim Mamés Stadion machten wir ein Selfie für unseren fussballbegeisterten Enkel. Der Weg in die Altstadt schenkte uns viele Erinnerungen und wir hatten es lustig. In der Kathedrale bekamen wir den letzten Stempel in unseren Pilgerpass, jetzt ist das für uns abgeschlossen. Weiter ging es bis zum Guggenheimmuseum. Fotos, Fotos, klick, klick. Jetzt sind wir nicht mehr Pilger, jetzt sind wir Touristen. Heute leuchtet Puppi der Blumenhund in vielen Frühlingsfarben. Letztes mal war November und die Blütenzeit vorbei. Ich fragte ein anderes Touristenpaar ob sie von uns ein Foto machen. Im Gegenzug streckte er mir sein Handy entgegen und ich machte Fotos von ihnen. Ich wollte wissen woher die beiden sind. Mexico war die Antwort. 
Inzwischen hatte ich von der Unterkunft die Meldung erhalten, dass unser Zimmer nun bezugsbereit sein. Der Zugangscode für die Haustür, der Code für die Wohnungstür und ein anderer Code für unsere Zimmertür erhielt ich ebenfalls auf elektronischem Weg. Da sitzt niemand mehr am Empfang und betätigt den Türöffner, begrüsst die Gäste und händigt einen Schlüssel oder eine Schlüsselkarte aus. Das ist Corona konform: kein persönlicher Kontakt. 
Nach dem Zimmerbezug sortierten wir die Schmutzwäsche aus. Auf dem Weg zur Pension haben wir, um die Ecke,  eine Self made Wäscherei entdeckt, die wollten wir aufsuchen. Vor Ort erhielten wir Starthilfe von einer Spanierin die sich bestens mit dem Prozedere auskennt.  Unsere Wäsche wurde in kurzer Zeit sauber und trocken. 
Morgen gehts nochmal auf Besichtigungstour. 

Sonntag, 21. April 2024

Projekt beendet.

Wir wurden gestern Abend sehr gut verpflegt. Nach einer erholsamen, ruhigen Nacht und einem guten Frühstück mit angenehmer Gesellschaft starteten wir auf die heutige Etappe. Die Sonne schien, die Vögel pfiffen und das Bächlein neben dem Weg plätscherte leise. Ach wie ist das herrlich so zu wandern. Viel zu früh erreichten wir das anvisierte Tagesziel. Vor den Toren vier Stunden zu warten erschien uns unsinnig. Die Beine waren noch nicht müde, die allgemeine Verfassung war gut. Sollen wir weiter gehen oder nicht? Bis zur nächsten Herberge wären es nochmal etwa zehn Kilometer. Laut Pilgerapp könnte man reservieren. Ich versuchte erfolglos zu telefonieren. Es wäre hilfreich zu wissen, ob noch ein Bett frei ist oder nicht. Da man auch SMS schicken konnte/durfte, versuchte ich es so. Email geht erfahrungsgemäss schief bei diesen Einrichtungen. 
Ich fragte zwei junge Frauen, die neben uns Rast machten, wo sie übernachten. Die beiden wollten die selbe Herberge ansteuern wie wir. Reserviert haben sie auch nicht.
Um es vorweg zu nehmen: ich bekam keine Reaktion von der Herberge. 
Wir wollten nicht länger vor dem Kloster bleiben. Risiko. 
Auch am frühen Nachmittag machte es freude durch die Frühlingslandschaft zu marschieren. Im Vergleich zu gestern hatten wir viel weniger Steigung, jedoch blies ein kühler Wind. Um 16:30 Uhr erreichten wir, inzwischen müde, die Herberge. Oh, da war was los! Wie in einem Bienenhaus ein hin und her. So viele Leute! Als die Hospitaliere an uns vorbei eilte, konnte ich fragen ob noch Platz sei. Completo lautete die Antwort. All die Pilger hatten frühzeitig reserviert. Das ganze Mitleid der Anwesenden nützte nichts. Inzwischen hatten auch die beiden Mädchen von der Mittagsrast die Herberge erreicht und staunten nicht schlecht über das volle Haus.
Ich hatte derweil ein Zimmer in einem Casa Rural gebucht. Zwanzig Kilometer weiter. Netterweise bestellte uns die Hospitaliere ein Taxi. Die beiden Mädchen nahmen wir ein Stück weit mit und setzten sie vor einer Jugendherberge ab.
Uns reicht es mit dem Kampf um ein Bett auf dem Camino. Niemals hätte ich diesen Run schon im April auf dem Camino del Norte erwartet. 
Zuhause haben wir uns vorgenommen: schön wenn es klappt, wenn nicht, machen wir eifach irgendwo Ferien. Ich hätte eher mit gesundheitlichen Problemen gerechnet. Nun gibt es zuerst drei Ferientage in Bilbao, dann schauen wir weiter.

Samstag, 20. April 2024

Mit letzter Kraft.

Vor der heutigen Etappe hatten wir Respekt. Ganze 24 Kilometer und viel bergauf und am Schluss mit müden Beinen steil bergab, diese Vorhersagen machten uns Kopfschmerzen. Wie schaffen wir das? Es gibt auf dieser Etappe keine Abkürzungen oder Unterbrechungen. Da muss man am Stück durch. Die Lösung für uns: Gepäcktransport. Gemeinsam mit anderen Pilgern die auf irgend eine Art gehandicapt sind, wurde das organisiert. Erleichtert im wahrsten Sinne konnten wir starten. Es war schön, steil, immer noch schön, mit tollen Aussichten, dazwischen etliche Kilometer angenehm zu gehen und am Schluss tatsächlich sehr steil nach unten. Zuerst auf einem rutschigen, morastigen und steinigem Pfad und als Abschluss eine steile Piste mit ganz grobem Schotter. Seitlich hatten liebe Leute ein Seil montiert, damit müde Wanderer sich daran fest klammern können. 
Unser Lichtblick nach der schlaflosen Nacht im Massenschlag mit mehreren hardcore Schnarchern: wir haben ein reserviertes Doppelzimmer im Casa Rural Ixtcauspe etwas ausserhalb vom Dorf. Kein scheppern vom Glascontainer um Mitternacht, keine letzter Zug um 01 Uhr und keine Müllabfuhr um halb drei in der Früh! Jetzt freuen wir uns auf eine warme Mahlzeit und auf eine Nachtruhe die diesen Namen auch verdient!
Es geht uns gut.

Freitag, 19. April 2024

Weiter auf und ab.

8. Etappe von Zumaia bis Deba.
Wir haben herrlich geschlafen in unserem Hotel. Nach einem guten Frühstück starteten wir in den sonnigen Tag. Aussicht sensationell, Himmel strahlend blau, Luft erfrischend, Strecke ... viel auf und ab. Es sind viele Pilger und sonstige Wanderer unterwegs. Die Herberge in Deba ist im Bahnhofsgebäude untergebracht. Es hat 56 Betten und die meisten sind besetzt.

Donnerstag, 18. April 2024

Beinahe trocken.

7. Etappe von Zarautz bis Zumaia. 
Die Strecke von gestern steckt noch in den Knochen, entsprechend langsam starten wir in den heutigen Tag. Die Mitpilger in der Zeltunterkunft starten auch nicht extrem früh. Der Franzose zieht los, während der Spanier draussen vor dem Zelt noch Yogaübungen und Kraftübungen mit dem Theraband macht. Wir packen unsere Sachen und steuern das Restaurant für ein Frühstück an. Kaffee und ein Croissant als Stärkung für die ersten Kilometer. Das Croissant saftet beinahe vom vielen Butter im Teig, dazu bleibt es an den Fingern kleben weil es rings um mit Konfitüre eingestrichen ist. Aber lecker ist es. 

Mit den ersten paar hundert Meter Weg umrunden wir den Campingplatz, dann geht es viele Stufen hinunter zum Strand von Zarautz. Der erste Kilometer forderte somit noch nicht so sehr. Der ganze Strand zieht sich auf einer Länge von zwei Kilometern. Alles flach. Die Herausforderung hier war der Gegenwind. Wir erreichten Getaria nach sechs Kilometern und wurden kurz vor den ersten Häusern kräftig von oben begossen. Eilig stellten wir uns bei einer Bushaltestelle unter. Ein Passant fragte in welche Richtung wir wollen, Zarautz oder Zumaia. Ah, Zumaia, da müsst ihr auf die gegenüber liegende Seite. No, no autobus. Wir sind Pilger. Ah, claro, dann ist diese Seite richtig. Der Regen liess etwas nach, aber unsere Hosenbeine waren nass. Wir setzten uns in eine Bar, bestellten Tortilla und Pinchos und liessen die Hosen trocknen.
Inzwischen klarte der Himmel etwas auf und rechtzeitig zu unserem Aufstieg in Hügel wurde es wärmer.
Auch heute gab es Strecken mit mittelalterlichem Knochenbrecherweg. Trotzdem genossen wir die abwechslungsreiche Landschaft, die Sicht auf Reben und ab und zu einen Blick aufs Meer. Um 15:00 Uhr erreichten wir Zumaia und steuerten unser gebuchtes Hotel an. Heute haben wir ein grosses Zimmer mit Balkon und eigenem (geheiztem) Bad, grosse, flauschige Badetücher, genügend Steckdosen um unsere Geräte zu laden, ein Bett in das keines von uns klettern muss, wir schlafen luxuriös.

Mittwoch, 17. April 2024

April, April macht was er will.

6. Etappe von San Sebastian bis Zarauz. Die Pension verliessen wir am morgen ohne Frühstück im Bauch. Den Schlüssel konnten wir liegen lassen, die Reception wird erst nach neun Uhr besetzt. Was wir nicht bedachten: die meisten Bars öffnen auch frühestens um neun, Restaurants noch später. Etwas zögernd marschierten wir Stadtauswärts. Da, kurz vor einem Frühstückschwächeanfall entdeckten wir eine Bäckerei. Wir wurden gerettet!

Die Strecke war heute wiederum sehr abwechslungsreich: hinauf, hinunter, mit Regen, ohne Regen, mit etwas Sonne, steinig, pflotschig, rutschig, dreckig, mit Stufen und streckenweise mit einem mittelalterlichen Karrenweg, mit Wind, ohne Wind, kalt, etwas wärmer, nur Schnee gabs nicht.
Andere Pilger haben wir etliche getroffen. Mit einem kamen wir etwas ins Gespräch weil er offensichtlich Mühe hatte. Dieses auf und ab mache ihm mehr Mühe als erwartet. Er wollte bis zur Herberge in Orio gehen. Bloss ist die seit einiger Zeit geschlossen, was er nicht wusste. Er könne unmöglich weiter. Er fragte uns nach unserer Unterkunft. Da das aber vier Kilometer mehr sind, wollte er ein Zimmer in Orio suchen. Ich hoffe und wünsche ihm, das das klappt.
Ab diesem Treffen hatten wir noch sieben Kilometer zu bewältigen. Und was da auf uns zu kam, war nicht die einfachste Strecke. 

Wir sind jetzt auf dem Gran Camping Zarauz in einem grossen Zeltbungalow  für 20 Pilger. Eine andere Art von Herberge, aber nicht die schlechteste. Wir sind sehr zufrieden damit. Wir haben bereits geduscht und nun sind die schmutzigen, müffelnden Kleider in der Waschmaschine. Morgen können wir mit komplett frisch gewaschenen Klamotten starten. Das wird super!

Dienstag, 16. April 2024

Desayuno und Stadtspaziergang

Ausschlafen und gemütlicher Stadtbummel war heute auf dem Tagesplan. Wir schliefen bis neun Uhr und suchten danach ein Lokal fürs Desayuno. Café con leche, zumo de naranja und Bola (Gipfeli) standen bald vor uns auf dem Tisch.

Trotz zeitweisem Nieselregen und ungemütlich kaltem Wind schlenderten wir durch die Stadt und entdeckten dank Geocaching auch spezielle Ecken. Wir fanden einen Lift, der uns auf eine Aussichtsplattform brachte. Plötzlich befanden wir uns auf Augenhöhe mit der Turmspitze der Kathedrale.

Den Hügel Urgull mit der Christusstatue auf der Kuppe umrundeten wir bei starkem Wind. Hochsteigen wollte ich nicht, die vielen unregelmässigen Treppenstufen von gestern stecken mir noch in den Waden und morgen gibt es auch einiges an Auf- und Abstieg.